Karstadt-Chefin wirft hin

Essen · Eva-Lotta Sjöstedt fühlte sich offenbar von Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen ausgebremst. Ihr Rückzug weckt bei Handelsexperten neue Zweifel an den Überlebenschancen des Handelsriesen.

Rückschlag für die Warenhauskette Karstadt : Die Chefin Eva-Lotta Sjöstedt hat ihren Posten bei dem Essener Traditionsunternehmen überraschend nach weniger als fünf Monaten geräumt. Sie sehe keine Basis mehr für die von ihr angestrebte Sanierung, begründete die Schwedin in einer von Karstadt gestern veröffentlichten Erklärung ihren Rücktritt. Angetreten als Hoffnungsträgerin, die den 17 000 Karstadt-Beschäftigten eine Zukunftsperspektive verschaffen sollte, hat die Schwedin offenbar selbst den Mut verloren.

Sie habe die sehr schwierige Aufgabe beim Essener Konzern auch deshalb übernommen, weil ihr der Eigentümer des Unternehmens, Nicolas Berggruen , die volle Unterstützung für ihre Strategie und ihre Investitionspläne für die 83 Warenhäuser zugesagt habe. "Nach eingehender Prüfung, den Erfahrungen der letzten Monate und in genauer Kenntnis der wirtschaftlichen Rahmendaten muss ich jedoch nun feststellen, dass die Voraussetzungen für den von mir angestrebten Weg nicht mehr gegeben sind", erklärte die frühere Ikea-Managerin. Sie habe deshalb ihr Amt niedergelegt.

Für den Handelsfachmann Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg sind die Äußerungen der Managerin ein Alarmsignal: "Berggruen hat Sjöstedt offensichtlich viel versprochen, aber wenig gehalten. Das wirft die Frage auf, mit welcher Ernsthaftigkeit er als Investor noch hinter Karstadt steht ."

Das Unternehmen bedauerte die Entscheidung Sjöstedts. "Dieser Schritt kommt für uns überraschend und in sehr schwierigen Zeiten", sagte Aufsichtsratschef Stephan Fanderl. Finanzvorstand Miguel Müllenbach und Arbeitsdirektor Kai-Uwe Weitz sollen das Unternehmen nun weiterführen. Ziel sei es, "die Sanierung entschlossen und unverzüglich anzugehen", sagte Fanderl. Das Unternehmen dürfe sich von personellen Veränderungen nicht bremsen lassen. Berggruen selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Hellmut Patzelt zeigte sich schockiert vom Abgang der Managerin. "Das ist keine gute Nachricht für die Beschäftigten und das Unternehmen." Sjöstedts Äußerungen legten nahe, dass der Eigentümer Berggruen sie nicht genügend bei ihren Plänen unterstützt habe. Der Handelsexperte Gerrit Heinemann vermutet, dass Berggruen schon seit längerer Zeit ein Ausstiegsszenario verfolge. Er investiere nicht in das Unternehmen. "Dabei benötigt Karstadt Investitionen in Milliardenhöhe. Denn bei den Warenhäusern ist inzwischen ein Investitionsstau von ein bis zwei Milliarden Euro entstanden". Auch Gerd Hessert, der an der Universität Leipzig Handelsmanagement lehrt und früher selbst eine Zeit lang als Manager bei Karstadt arbeitete, ist pessimistisch. "Damit ist die Neukonzeption erst einmal auf Eis gelegt und man muss sich um das nackte Überleben kümmern", glaubt er.

Sjöstedt hatte in einem unmittelbar nach ihrem Amtsantritt veröffentlichten Brief den Mitarbeitern noch Mut gemacht: "Wenn wir als großes Team zusammenarbeiten, können wir alles erreichen." Doch hatten ihre Bemühungen in der Kürze der Zeit offenbar keinen durchschlagenden Erfolg. Sie wollte Karstadt aus den roten Zahlen führen, indem die Warenhäuser sich stärker regional ausrichten und weniger Rabattaktionen machen. Medienberichten zufolge kämpft das Unternehmen aber weiter mit Umsatzrückgängen. Auch die Ergebnisentwicklung soll unter den Planungen liegen. Karstadt selbst veröffentlicht keine Zahlen zur aktuellen Geschäftslage.

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