Kanzlerin vertröstet beim Mindestlohn auf September

Münster · Kanzlerin Angela Merkel hat Hoffnungen aus den eigenen Reihen auf eine schnelle Lösung beim Streitthema Mindestlohn gedämpft. Die CDU-Vorsitzende kündigte bei der Bundestagung der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) aber an, sich nach der Bundestagswahl im September in Koalitionsverhandlungen für tarifliche Mindestlöhne starkzumachen.

"Wir haben ja auch bei der FDP gesehen, dass dort ein verändertes Denken um sich greift", sagte Merkel vor Vertretern des CDU-Sozialflügels. Die CDA-Delegierten hatten Merkel ihre Forderung mit Zetteln mit der Aufschrift "Mindestlohn jetzt" verdeutlicht. Gestern verabschiedeten die Delegierten einen Leitantrag, der die Einführung einer Lohnuntergrenze und den Erhalt des Ehegattensplittings fordert. "Wir freuen uns über das Signal unserer Parteivorsitzenden: Die CDU kämpft für eine Lohnuntergrenze und wird das Problem Lohndumping nach der Wahl entschlossen angehen", sagte der CDA-Vorsitzende Karl-Josef Laumann gestern. Merkel habe für die CDA außer warmen Worten "nur Steine statt Brot" dabei gehabt, kritisierte der Chef der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Klaus Barthel.

Im Wahljahr sucht auch die Union demonstrativ die Nähe zur Arbeitnehmerschaft. Die Bundestagung der CDA ließ sich Angela Merkel nicht entgehen. Bereits vor zwei Jahren hatte die CDA einen Beschluss zur Einführung einer allgemeinen Lohnuntergrenze gefasst. Doch Merkel befand jetzt, dass es damit auch noch bis nach der Bundestagswahl im September Zeit habe. Dabei müsste sich die Kanzlerin eigentlich fragen, warum mit der FDP dann gelingen soll, was die letzten vier Jahre nicht geklappt hat. Fest steht: Beim Mindestlohn ist die CDU der SPD mittlerweile deutlich näher als den Liberalen. Ein Schelm, wer da meint, aus Merkels Vertröstung bis nach der Wahl spreche auch ihre Sympathie für die Neuauflage einer großen Koalition.

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