„Kann man darauf verzichten?“

Die Geisteswissenschaften an der Universität des Saarlandes wirken vielfältig in die Gesellschaft hinein. Das machen die vielen Zuschriften aus dem Kultur- Wirtschafts- und Bildungsbereich deutlich, die uns erreicht haben. Wir drucken einige Schreiben auszugsweise ab. Heute: Ursula Thinnes, Chefdramaturgin des Saarländischen Staatstheaters, über die Bedeutung der Alterstumswissenschaften, die in Saarbrücken gestrichen werden sollen.

Nirgends wird so intensiv über unsere Gesellschaft nachgedacht wie in den Geisteswissenschaften. Es geht um unsere Kultur und die Fragen danach, wie wir zusammenleben wollen, welchen Werten wir uns verpflichtet fühlen. Kann man darauf verzichten? Das Saarland wird sich auch in Zukunft einen kritischen Journalismus wünschen, ebenso ein breites Bildungsangebot an den Schulen.

Studenten sind ein großer Faktor beim Zuzug ins Saarland - und bilden nach dem Studium ein starkes Bürgertum. Die Naturwissenschaft schreibt sich die Innovation auf die Fahne, nicht die Reflexion. Das eine ohne das andere mag man sich angesichts der Geschichte des 20. Jahrhunderts nicht vorstellen.

Der Begriff "Europafakultät" ist angesichts der angedachten Strukturveränderungen - dezent formuliert - euphemistisch. Ohne die auslaufende Slavistik beschränkt sich "Europa" hier zumindest philologisch ohnehin nur auf Westeuropa. Und ohne Altertumswissenschaften verlieren wir die Verbindung zu den Wurzeln unserer Kultur. Eine immer komplexer werdende Welt soll mit weniger Fächern kritisch reflektiert werden. Doch fächerübergreifendes Arbeiten ist ja nur möglich, solange es unterschiedliche Disziplinen gibt.

Theater profitiert von einem geisteswissenschaftlichen Umfeld. So sind wir zum Beispiel Kooperationspartner der Poetikdozentur für Dramatik. Im Juni und Juli haben wir drei spektakuläre Vorträge der Dramatikerin Kathrin Röggla gehört. Derzeit kooperieren wir wieder mit der Klassischen Philologie und zeigen 2015 Senecas "Dido und Aeneas". Bei der ersten Kooperation, der Uraufführung von Senecas "Phädra" im vergangenen Jahr, war die Feuerwache brechend voll.

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