Wissen Kalter Rauch ist schädlicher als bisher angenommen

Heidelberg · Rückstände von Tabakrauch sind unsichtbar, aber nicht wirkungslos. Für die Wissenschaft ist die Forschung zum kalten Rauch noch Neuland.

 Auch Rückstände von Tabakrauch enthalten eine Reihe schädlicher Substanzen.

Auch Rückstände von Tabakrauch enthalten eine Reihe schädlicher Substanzen.

Foto: dpa/Christoph Schmidt

(dpa) Nach den Gefahren des Rauchens und Passivrauchens nehmen Wissenschaftler nun den kalten Tabakrauch in den Blick. Er hängt in Kleidern, setzt sich in Teppichen und Vorhängen fest, lagert sich auf Möbeln ab. „Zwar ist der erkaltete Rauch nicht so schädlich wie das aktive oder passive Tabakrauchen, aber auch er könnte das Krebsrisiko erhöhen“, sagt Katrin Schaller, Expertin für Tabakkontrolle am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Stefan Andreas, ärztlicher Leiter der Lungenfachklinik Immenhausen in Hessen, pflichtet bei: „Es ist ganz klar, dass diese Substanzen – auch über andere Wege aufgenommen – schädlich sind.“

Die sich beim Rauchen bildenden Schadstoffe blieben an Kleidern, Haut und Haaren hängen und würden so weitergegeben, sagt Schaller. So fanden US-Wissenschaftler Rückstände nicht nur in Nichtraucherhotels und -autos, sondern auch in einer rauchfreien Intensivstation für Neugeborene: Personal oder Eltern hatten sie eingeschleppt. Besonders gefährdet sind Kleinkinder, die auf dem Boden spielen und Gegenstände in den Mund nehmen. Kein Raucher sollte seinen Lebenspartner direkt nach einer Zigarette küssen. „Raucher atmen bis zu zehn Minuten nach Löschen der Zigarette Schadstoffe aus“, sagt Schaller.

Im kalten Rauch sind rund 90 Stoffe zu finden, die krebserregend sind oder in diesem Verdacht stehen. Nachgewiesen wird der kalte Rauch durch Ablagerungen von Nikotin. Die Substanz selbst ist nicht krebs­erregend, könne dies aber durch Reaktionen mit anderen Substanzen werden, wie Schaller erläutert. Die Verbindungen bauten sich erst in Monaten oder Jahren ab. Das Nikotin selbst ist auch nicht harmlos. Es wirkt auf das Herz- und Kreislaufsystem. Auch Staubtuch und -sauger beseitigen den hartnäckigen Stoff nicht vollends. Schallers Schlussfolgerung: „Ich empfehle, nicht drinnen zu rauchen, um sich selbst und andere zu schützen.“ Weitere Ratschläge: nach dem Rauchen Hände waschen und Kleider wechseln. Das gelte insbesondere, wenn man mit Kindern zusammenkommt. Wer in eine Raucherwohnung einziehe, tue gut daran, Tapeten und Teppiche zu erneuern. Lungenspezialist Andreas bedauert die unzureichende Forschung auf dem Gebiet. Studien dazu gebe es nicht, Schlussfolgerungen würden analog zu den Auswirkungen vom Passivrauchen gezogen.

(dpa)
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