Juncker droht Spekulanten

Athen/Brüssel. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker will gegen Finanzmarkt-Spekulationen gegen Griechenland notfalls hart vorgehen. "Wir haben die Folterwerkzeuge im Keller, und wir zeigen sie, wenn es nötig ist", sagte der luxemburgische Ministerpräsident dem Handelsblatt

Athen/Brüssel. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker will gegen Finanzmarkt-Spekulationen gegen Griechenland notfalls hart vorgehen. "Wir haben die Folterwerkzeuge im Keller, und wir zeigen sie, wenn es nötig ist", sagte der luxemburgische Ministerpräsident dem Handelsblatt. "Wir müssen das Primat der Politik wieder stärken, sie muss die Finanzmärkte stoppen können", so Juncker. Die Politik sei nur soweit erpressbar, wie sie sich erpressen lasse.An den Devisenmärkten hatte die Ungewissheit über ein mögliches Rettungspaket für Griechenland eine Spekulationswelle gegen den Euro ausgelöst. Seit seinem Jahreshoch im November 2009 von rund 1,51 Dollar hat der Euro rund zehn Prozent verloren. EU-Währungskommissar Olli Rehn wollte gestern in Athen mit Vertretern der griechischen Regierung und der Notenbank Wege zur Entschärfung der Finanzkrise Griechenlands suchen. Athen hat mehr als 300 Milliarden Euro Schulden. Rehn will darauf dringen, dass Athen mit seinem Sparprogramm alle Möglichkeiten ausschöpft, um das gigantische Haushaltsdefizit von 12,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes innerhalb eines Jahres um vier Prozentpunkte zu drücken. Der Fall Griechenland zeigt nach Junckers Worten die Notwendigkeit einer europäischen Wirtschaftsregierung. "In der Eurogruppe muss allen, und vor allem Griechenland klar sein, dass jedes Mitglied ein Stück seiner Souveränität verliert", betonte der Eurogruppen-Chef. "Wenn wir das griechische Problem gelöst haben, müssen wir uns einen Werkzeugkasten zulegen, um ähnliche Probleme in der Zukunft zu vermeiden." Es sei allerdings klar, dass es nach Vertragslage nicht zu einer Schuldenübernahme kommen werde.Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Milliardenhilfen aus Deutschland bereits ausdrücklich ausgeschlossen. Sie trifft sich am Freitag in Berlin mit dem griechischen Regierungschef Giorgos Papandreou. Am 11. Februar hatten sich die Staats- und Regierungschef der EU darauf verständigt, dem hoch verschuldeten EU-Mitglied Griechenland vorerst keine Finanzhilfen zur Verfügung zu stellen.Allerdings hat gestern ein Experten-Gutachten des Bundestages bestätigt, dass Griechenland notfalls auf Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF) bauen kann. Finanzspritzen des IWF fielen nicht unter die Verbotsbestimmungen der europäischen Verträge. Länder außerhalb des Euro-Raums können sich in Notlagen vom IWF helfen lassen. Im Falle Griechenlands lehnt die Europäische Zentralbank (EZB) ein Eingreifen des IWF bisher noch ab. dpa Meinung

Beißen, nicht nur bellen

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger Natürlich hat Jean-Claude Juncker Recht: Spekulanten sorgen gerade in Extremsituationen für übertriebene Kursbewegungen. Das war im Sommer 2008 so, als Spekulationen auf den Ölpreis diesen in extreme Höhen trieben, und das ist jetzt angesichts der Griechenland-Krise so, wenn der Euro mal schnell um zehn Prozent abschmiert.Die Hoffnung allerdings, dass die "Folterinstrumente" wirklich Wirkung zeigen, ist gering. Zu genau erinnern wir uns noch an die vollmundigen Beteuerungen zahlreicher Regierungschefs inmitten der Bankenkrise, das System komplett zu reformieren. Jetzt kassieren die Banker wieder ihre Boni und alles scheint wie vor der Krise zu sein.Von Aktionen zu reden, ist eine Sache. Sie umzusetzen, eine andere. Es wäre schön, nicht nur dem Bellen zu lauschen, sondern einen wirkungsvollen Biss zu sehen.

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