Jobberatung für Flüchtlinge

Lebach · Wer in Deutschland Asyl bekommt, soll schneller einen Job finden. Dafür wurde im Aufnahmelager Lebach ein Beratungsbüro für Flüchtlinge eröffnet. Gerade unter den Syrern gibt es viele hoch qualifizierte Fachkräfte.

 Kein Beratungstermin im Lebacher Flüchtlingsaufnahmelager ist bisher ausgefallen. Das Foto zeigt die Berater der Bundesagentur für Arbeit Volker Steinmetz (v. links) und Oliver Engelke, Khery Khidr-Semo und Aline Lehnert vom Netzwerk Sabene und den Flüchtling Fonad Qustantee Naisan. Foto: Rich Serra

Kein Beratungstermin im Lebacher Flüchtlingsaufnahmelager ist bisher ausgefallen. Das Foto zeigt die Berater der Bundesagentur für Arbeit Volker Steinmetz (v. links) und Oliver Engelke, Khery Khidr-Semo und Aline Lehnert vom Netzwerk Sabene und den Flüchtling Fonad Qustantee Naisan. Foto: Rich Serra

Foto: Rich Serra

Flüchtlinge suchen zuerst einmal Schutz vor Krieg, Terror und Verfolgung. Haben sie das erreicht, wollen sie vor allem eins: arbeiten, selbst den Lebensunterhalt verdienen. Doch "nach der Ankunft vergehen erst einmal mehrere Monate bis zur Anerkennung" als Asylberechtigte, sagt Volker Steinmetz von der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit . Diese Zeit könne aber schon genutzt werden, um die spätere Jobsuche vorzubereiten. Schließlich sei es ganz wichtig, die Menschen zügig in den Arbeitsmarkt einzugliedern.

In einem Modellprojekt hat die Regionaldirektion gemeinsam mit dem Beratungsnetzwerk Sabene und der Landesregierung ein Beratungsbüro für Flüchtlinge direkt im Aufnahmelager in Lebach eröffnet. Zweimal pro Woche finden dort seit Ende März Beratungsgespräche mit Asylsuchenden über ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt statt. "Zurzeit konzentrieren wir uns vor allem auf Flüchtlinge aus Syrien", sagt Steinmetz. Weil sie meist schon nach drei Monaten eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten, sei es besonders wichtig, schon die ersten Wochen zu nutzen. "Von einer zügigen Arbeitsaufnahme profitieren sowohl der Asylsuchende als auch die Gesellschaft", sagt Heidrun Schulz, Leiterin der Regionaldirektion.

Steinmetz, der mit seinem Kollegen Oliver Engelke aus der Arbeitsagentur in Saarbrücken die Beratung anbietet, baut dabei auf die Mithilfe zweier Mitarbeiter von Sabene: Aline Lehnert und Khery Khidr-Semo übernehmen den Erstkontakt zu den Flüchtlingen. Hilfreich ist vor allem, dass Khidr-Semo, der selber aus dem Irak geflüchtet ist, Arabisch spricht und übersetzen kann. "Es ist ein großer Luxus, einen Dolmetscher direkt vor Ort zu haben", sagt Engelke.

Lehnert und Khidr-Semo sprechen mögliche Interessenten im Aufnahmelager an, erklären den Sinn der Beratung und klären ab, inwieweit Nachweise der Ausbildung oder Berufserfahrung vorliegen. "Erstaunlich viele haben ihre Zeugnisse dabei", sagt Lehnert. Einer dieser Interessenten ist Fonad Qustantee Naisan, der im vorigen Jahr aus Mossul im Irak geflohen ist. Der 55-Jährige hat Politikwissenschaft und Hotelmanagement studiert und 30 Jahre in Hotelwesen und Touristik gearbeitet. Naisan ist nicht nur froh über diese Hilfsmaßnahme, er sieht sie auch als einen guten Weg für Deutschland bei der Suche nach Arbeitskräften.

Gerade bei den syrischen Flüchtlingen gebe es ein großes Potenzial an hoch qualifizierten Fachkräften, sagt Steinmetz. Viele hätten ein Hochschulstudium, meist seien es Naturwissenschaftler, aber auch Geisteswissenschaftler oder Juristen seien unter den Akademikern. Häufig geht es in den Erstgesprächen darum, eine Anerkennung des Studiums oder auch einer Facharbeiterqualifikation einzuleiten. "Damit ist wertvolle Zeit gewonnen." Meist würde dann die Zweitberatung schon in einem Jobcenter am späteren Wohnort stattfinden. Die dortigen Mitarbeiter könnten dann schon auf ein vollständiges Profil zurückgreifen.

Bei den Qualifikationen ist eine Anerkennung jedoch nicht immer einfach. Handwerker kommen oft aus einem anderen Ausbildungssystem. Mal fehlt Praxis, mal muss theoretisch nachgeschult werden: "Beides verlangt Sprachkompetenz", sagt Steinmetz. Deshalb seien frühe Sprachkurse ein ganz wichtiges Element der Integration. In einigen Berufen passen die Qualifiktionen nicht zu den Anforderungen in Deutschland, beispielsweise bei Juristen. Dann steht die Suche nach Alternativen im Vordergrund.

Besonderen Spaß macht den Beratern ihre Arbeit in Lebach auch deshalb, weil die Menschen dort extrem motiviert sind. Trotz teilweise schlimmer Vorgeschichten, würden sie sich nicht gehen lassen, sondern gleich etwas Neues aufbauen wollen. "Die Motivation sieht man auch an den Beratungsgesprächen", sagt Lehnert. "Seit März ist keine einzige der 119 Beratungen ausgefallen."

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