Jazz, der nicht mehr aus dem Herzen geht: der neue Gwildis

Hamburg · Hat man als Sänger der längst unter Artenschutz stehenden Spezies Entertainer schon vieles geschafft, bleibt eigentlich nur noch eines: mal was mit 'nem richtig großen Orchester zu machen. Doch sinfonisch aufgepimpter Pop, philharmonisch aufgeplusterter Chanson: Man hat's schon zur Genüge gehört.

 Stefan Gwildis Foto: saarevent

Stefan Gwildis Foto: saarevent

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Stefan Gwildis aber hat ein anderes Traumorchester gefunden, die NDR-Bigband mit ihrem Chef Jörg Achim Keller. Was ein großes Glück ist. Denn natürlich kennen Jazz-Fans dieses Ensemble. Ein zu kleiner Kreis aber, der sich dank Gwildis nun erweiterten sollte.

Nachdem der Hamburger Jung mit dem alterslosen Charisma längst bewiesen hat, dass man Soul auch in Deutsch singen kann, ohne dass es gleich tonnenschwer nach Seele tönt, hat er nun ein Jazz-Album aufgenommen. Das sieht schon so aus, als sei die Zeit in den Sixties stehen geblieben; musikalisch nicht das Schlechteste. 13 Songs sind es. Und "Das mit dem Glücklichsein" gibt dem Album seinen Titel. "My funny valentine" heißt der im Original, weltbekannt wie alle weiteren. Stücke von Cole Porter, von Nat King Cole sind dabei, alles Klassiker, aber von Keller so gewieft arrangiert, dass Nostalgie mitswingt, aber es doch enorm frisch klingt. Und Gwildis singt die deutschen Texte enorm lässig mit seiner Morgen-danach-Stimme. Das klingt kaum je nach Konzertsaal, sondern nach intimen Liebesworten oder, so geht das Leben eben, Balladen ausgeliebter Leidenschaften.

Dass die Zeilen des innigsten Songs ausgerechnet von einem Komiker stammen, zählt zu den ganz besonderen Momenten dieser CD. Heinz Erhardt schrieb einst das Gedicht "Abend", das Gwildis jetzt als "der Einsame" singt. Ein nicht mehr aus dem Herzen gehendes Lied. Und der beste Gwildis, den es je gab.

Stefan Gwildis und die NDR Bigband: Das mit dem Glücklichsein (105 Music/Sony Music).

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