Israel sendet mit Raketen eine Botschaft an Syrien

Jerusalem · Es war der schwerste Zwischenfall auf den Golanhöhen an der Grenze zu Israel seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs: Zehn syrische Soldaten sollen bei israelischen Luft- und Raketenangriffen auf den von Damaskus kontrollierten Teil des Gebirgszugs getötet worden sein. Die Angriffe galten der Vergeltung für den Tod eines 14-jährigen arabischen Israeli.

Der Junge war am Vortag auf dem von Israel annektierten Teil des Golan von einer syrischen Anti-Panzer-Rakete getroffen worden, als er mit seinem Vater in einem Armee-Fahrzeug unterwegs war.

Alle paar Wochen kommt es in den letzten drei Jahren zu kleineren Grenzzwischenfällen, die Israel jeweils mit gezieltem Zurückschießen auf Einrichtungen der syrischen Armee beantwortet. Ansonsten gilt die Grenze zwischen Israel und Syrien seit der Besetzung der Golanhöhen 1967 durch Jerusalem und der späteren Annexion als eine der ruhigsten israelischen Grenzregionen. Weder Israel noch Syrien liegt an einer Eskalation. Bislang hat Syrien auf die israelischen Vergeltungsangriffe denn auch nicht reagiert. Auch mehrere gezielte israelische Luftangriffe auf Waffentransporte, die via Syrien an die radikal-schiitische Hisbollah im Libanon gehen sollten, ließ das Regime von Baschar al-Assad in Damaskus unbeantwortet.

Der Zwischenfall an der Nordgrenze kommt für Israels Armee zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Tausende Soldaten sind noch immer im Einsatz bei der Operation "Kommt zurück, Brüder", der Suche nach drei vermissten israelischen Talmudschülern. Jerusalem will mit Sicherheit keine zweite Front. Aber es hat schon immer heftig auf Raketenbeschuss aus Syrien reagiert. "Greift uns nicht an, dann lassen wir Euch auch in Ruhe", lautet die Botschaft. Wer es doch tut, wird hart bestraft.

Ein Krieg mit Syrien aber wäre für Israel kaum von Nutzen. Denn ganz ohne Zutun aus Jerusalem schlagen sich zwei von Israels Erzfeinden gerade gegenseitig die Köpfe ein: die radikal-islamischen Salafisten und das Regime von Baschar Assad.

Ganz anders sehen Israels Interessen im Libanon aus. Regelmäßige Auseinandersetzungen mit dem kleinen nördlichen Nachbarn alle paar Jahre sind aus Sicht Jerusalems strategisch wichtig, um die Waffenlager der von dort operierenden Hisbollah zu zerstören. Vorläufig sind die radikalen Schiiten aus dem Libanon aber mit dem Kampf ihres Verbündeten Assad gegen die Rebellen in Syrien beschäftigt. Sonst hätte es wohl längst wieder eine Provokation der Hisbollah gegen die Zionisten in Jerusalem gegeben - und im Gegenzug Bombardierungen oder gar breit angelegte Offensiven.

Wahrscheinlich ist sogar, dass auch hinter dem Angriff auf den israelischen Militär-Lastwagen im Grenzgebiet der Golanhöhen die Hisbollah stand. Israel eins auszuwischen, ohne damit gleich einen Krieg zu riskieren, ist eine willkommene Chance für die schiitischen Extremisten. Die bewaffneten Milizen kämpfen zwar Seite an Seite mit den syrischen Soldaten , ihre Befehle nehmen sie jedoch nur von den eigenen Kommandanten entgegen.

Die syrische Regierung bleibt trotzdem verantwortlich für die ausländischen Kämpfer, die ihr bei der Unterdrückung der Rebellen im eigenen Land helfen. Assad muss dabei aufpassen, dass seine Hilfstruppen keinen Unsinn machen, wenn er später den Preis nicht zahlen will.

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