Irland will keine Hilfen aus Brüssel

Dublin. Als EU-Währungskommissar Olli Rehn vergangene Woche Irland besuchte, soll er ein Problem bekommen haben. In Dublins bestem und teuerstem Restaurant war kein Platz frei. Die Geschichte erzählen sich die Journalisten in Irland genüsslich. Während sich in Berlin und Brüssel die Euro-Strategen die Köpfe über das Krisenland heißreden, geht dort das Leben weiter

Dublin. Als EU-Währungskommissar Olli Rehn vergangene Woche Irland besuchte, soll er ein Problem bekommen haben. In Dublins bestem und teuerstem Restaurant war kein Platz frei. Die Geschichte erzählen sich die Journalisten in Irland genüsslich. Während sich in Berlin und Brüssel die Euro-Strategen die Köpfe über das Krisenland heißreden, geht dort das Leben weiter.Am Wochenende kam die Regierung in Dublin kaum noch mit ihren Dementis hinterher, das Land müsse Milliardenhilfen der EU-annehmen. Der Eindruck, mit den eigenen Problemen nicht alleine zurecht zu kommen, würde über Jahre das Ansehen des Wirtschaftsstandortes Irland schädigen, befürchtet man in Dublin. Gestern schwenkte Brüssel auf die irische Linie ein. Die Berichte der vergangenen Tage seien "übertrieben", Irland sei "nicht in einer Notlage", ließ Rehn über seinen Sprecher kundtun. Man sei mit Irland in ständigem Kontakt, über Hilfen aus dem Rettungsfonds werde aber nicht gesprochen. Dass die Gemeinschaft den Rettungsschirm über Irland nicht dennoch aufspannen wird, ist deswegen aber längst noch nicht erwiesen.Heute sollten in Brüssel die Finanzminister der 16 Euro-Länder zusammenkommen. Dabei steigt der Druck auf Irland. Der portugiesische Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos befürchtet, von Irland "angesteckt" zu werden. Ganz im Gegensatz zu Portugal stehen allerdings in Irland wesentliche ökonomische Kennzahlen im Plus. Die Exporte wachsen, die Industrieproduktion geht steil nach oben, die Arbeitslosenquote beginnt zu sinken. "Die Wirtschaft ist gerade dabei, sich zu stabilisieren", sagt der Dubliner Wirtschaftswissenschaftler Marc Coleman. "Wir schaffen das alleine", heißt das Motto auf der Insel. "Ich habe erst vor ein paar Tagen noch Aktien der Bank of Ireland gekauft", sagt ein Geschäftsmann. In zwei Jahren, so glaubt er, sind sie das Zehnfache wert. Das kleine Land im Nordwesten des Kontinents hat in den vergangenen beiden Jahren einen Treffer nach dem anderen nehmen müssen. Die Banken verspekulierten sich mit überteuerten Immobilien, der Staat musste sie mit Milliardenhilfen stützen. Mindestens 35 Milliarden Euro fließen aus der Staatskasse in den Bankensektor, vielleicht werden es deutlich mehr werden - bei einem Bruttoinlandsprodukt von 160 Milliarden Euro ein unglaublicher Kraftakt. Das Defizit stieg in diesem Jahr auf 32 Prozent. Doch Irland hat - als es noch der "keltische Tiger" war - vorgesorgt und eine starke ökonomische Basis geschaffen. Mit extrem niedrigen Steuern lockte die Regierung Investoren aus aller Welt in Städte wie Dublin, Cork und Limerick. Als einziges Land der Eurozone mit Englisch als Muttersprache ist die Insel vor allem bei Amerikanern als Standort beliebt. Unternehmen wie Google, Facebook, Ebay oder Paypal verlegten erst vor Monaten ihre Europazentralen nach Irland. "Das schlimmste was jetzt passieren könnte, ist dass sich die Regierung drängen lässt, die Steuern zu erhöhen", sagt deshalb Coleman. Eine Umfrage unter deutschen Unternehmen in Irland zufolge halten 50 Prozent die niedrige Körperschaftssteuer von 12,5 Prozent für entscheidend für weitere Investitionen.

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