In der Wüste wird Wulff vom Ex- zum Altpräsidenten

Berlin · Wer so tief gestürzt ist, für den darf es irgendwann auch wieder nach oben gehen. Für Christian Wulff ist dies allerdings ein mühsamer und langer Weg. Seit seinem Freispruch von den Korruptionsvorwürfen, die ihn am 17. Februar 2012 zum Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten zwangen, arbeitet er an seinem Comeback.

An diesem Wochenende ist er dabei ein großes Stück vorangekommen.

Vor knapp zwei Wochen erst hatte Wulff bei der Berliner Mahnwache für die Terroropfer von Paris mit seinem Auftritt in der ersten Reihe Erstaunen ausgelöst. Nun vertrat der Bundespräsident a. D. Deutschland bei der Trauerfeier für den saudischen König Abdullah in Riad . Das darf als offizielle Rehabilitierung gewertet werden. Dabei kam Wulff zugute, dass andere Kandidaten verhindert waren: Bundespräsident Joachim Gauck feierte seinen 75. Geburtstag, Kanzlerin Angela Merkel war schwer erkältet. Und eine Teilnahme von Außenminister Frank-Walter Steinmeier an der Zeremonie wäre von den Saudis protokollarisch nicht als angemessen bewertet worden.

Da kommt ein ehemaliger Bundespräsident schon besser, ganz nach amerikanischem Vorbild, wo Ex-Präsidenten den Amtsinhaber auch im Ausland vertreten. Wulff dürfte nicht lange gezögert haben, als am Freitag die Anfrage der Kanzlerin kam. Bei den Beileidsbekundungen fand sich Wulff dann in Gesellschaft von Prinz Charles und Premier David Cameron aus Großbritannien, Frankreichs Präsident François Hollande und anderen. Und schon nennen ihn Medien "Altbundespräsident", nicht nur Ex-Präsident.

Seltsamer Zufall, dass eine Reise in die arabische Welt nun seinen Wiederaufstieg ebenso markiert wie seinen tiefen Fall. "Bin grad auf dem Weg zum Emir" - so beginnt die folgenschwere Nachricht, die er am 12. Dezember 2011 aus Kuwait auf die Mailbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann sprach. Damit hatte Wulff die Berichterstattung über seinen Hauskredit und Gefälligkeiten reicher Freunde verhindern wollen. Gut zwei Monate später musste er zurücktreten, nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover die Aufhebung seiner Immunität beantragt hatte.

Die Reise zu den Saudis ist dabei eine durchaus konsequente Fortsetzung der Arbeit Wulffs - vor und nach seinem Rücktritt. Da gab es viel mehr als den berühmten Satz "Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland", den sich Merkel erst vor kurzem wieder zu eigen gemacht hat. Gute Beziehungen in die arabische Welt und die Türkei brachte Wulff schon aus seiner Amtszeit als niedersächsischer Regierungschef mit. Hochachtung vor allem der türkischen Gemeinde in Deutschland erwarb er sich aber insbesondere durch seine frühe Reaktion auf das Bekanntwerden des NSU-Skandals.

Bis das Gericht Wulff freisprach, war an eine Rückkehr in die Öffentlichkeit nicht zu denken. Seitdem aber tut sich etwas: Präsidentschaft des euro-arabischen Vereins EMA, Toleranzpreis der Akademie Tutzing. Mit der Vergangenheit im Reinen ist Wulff aber noch nicht, denn er sieht sich nach wie vor als Opfer der Justiz und der Medien. Hätte die Staatsanwaltschaft nicht die Aufhebung der Immunität beantragt, so sagte er vor einem halben Jahr, "wäre ich noch im Amt." Für wenige Stunden durfte er sich in Riad so fühlen.

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