Medizin Gefahr aus der Waschmaschine

Bonn/Kleve · Wissenschaftler der Universität Bonn finden multiresistente Bakterien in der Waschküche eines Kinderkrankenhauses.

 Waschmaschinen können Keime übertragen, wenn sie ausschließlich bei niedrigen Temperaturen betrieben werden. In Haushalten, in denen Menschen mit einem geschwächten Immunsystem leben, muss bei Temperaturen ab 60 Grad gewaschen werden, raten Hygienespezialisten.

Waschmaschinen können Keime übertragen, wenn sie ausschließlich bei niedrigen Temperaturen betrieben werden. In Haushalten, in denen Menschen mit einem geschwächten Immunsystem leben, muss bei Temperaturen ab 60 Grad gewaschen werden, raten Hygienespezialisten.

Foto: Andrea Warnecke/dpa-tmn/Andrea Warnecke

(byl) In Haushalten, in denen Säuglinge oder Menschen mit einem geschwächten Immunsystem leben, wird beim Waschen besser Pulver benutzt. Wer trotzdem Flüssigwaschmittel einsetzt, muss höhere Temperaturen wählen, empfehlen Forscher der Hochschule Rhein-Waal (Kleve). Das liege an der Zusammensetzung der Mittel. Denn Pulver oder perlenförmige Waschmittel enthielten zusätzliche Bleichmittel, die desinfizierend wirken.

Die Forscher aus Kleve hatten nach multiresistenten Bakterien im Sumpf und in der Einspülkammer von 50 Wasch- und Spülmaschinen gesucht. Sie seien in fast jeder Spülmaschine und in acht von zehn Waschmaschinen fündig geworden, erklärte die Hochschule. Deren Wissenschaftler raten, „Wasch- und Spülmaschinen regelmäßig zu reinigen und nicht ausschließlich Niedrigtemperaturprogramme zu nutzen“. Erst über 50 Grad Celsius würden antibiotikaresistente Keime sehr wahrscheinlich zerstört.

Dass Waschmaschinen zur Bakterienschleuder werden können, davor warnen auch Forscher der Uni versität Bonn. Sie entdeckten in einem Kinderkrankenhaus den Ursprung eines antibiotikaresistenten Erregers ausgerechnet in der Waschküche. In der Klinik sei mehrfach ein Bakterium (Klebsiella oxytoca) auf Neugeborene übertragen worden. Es hätte Magen-Darm- und Atemwegsinfektionen auslösen können, im schlimmsten Fall aber auch eine tödliche Sepsis. Als Infektionsquelle habe sich eine handelsübliche Waschmaschine herausgestellt. Zu gefährlichen Infektionen sei es zum Glück nicht gekommen, doch mahnt die Hochschule zur Vorsicht, weil „auch in Haushalten, in denen Personen gepflegt werden, antibiotikaresistente Bakterien über die Waschmaschine übertragen werden könnten“.

Der Fall im Kinderkrankenhaus sei besorgniserregend gewesen, weil gängige Antibiotika gegen den Erreger kaum noch wirkten. „Dieser Klebsiella oxytoca-Typ war so einzigartig, dass er bisher in dieser Form noch nicht in der Datenbank für Krankenhauserreger erfasst war“, sagt Dr. Ricarda Schmithausen vom Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Uniklinik. Für die Untersuchung, bei der die Forscher mit fast kriminalistischen Methoden vorgingen, habe sich diese Besonderheit aber als Vorteil erwiesen, weil sich so der Infektionsweg eindeutig nachvollziehen ließ. Weder die Eltern noch das Pflegepersonal hatten den Erreger übertragen, gewaschen worden sei mit hoher Wahrscheinlichkeit meist auch im 60-Grad-Programm, erklärt Schmithausen. Das Bakterium sei „im Spülfach und am Türgummi einer Waschmaschine nachgewiesen worden, in der die handgestrickten Söckchen und Mützchen der Babys der Station gewaschen wurden“, erklärt Professor Martin Exner. Über diese Kleidungsstücke seien die Keime schließlich auf die Neugeborenen übertragen worden.

Dabei dürfte es sich aber um einen Sonderfall gehandelt haben, sagen die Bonner Hygienefachleute. Normalerweise seien in Krankenhäusern Spezialmaschinen im Einsatz, die bei hohen Temperaturen und mit Desinfektionsmitteln arbeiten. „Wir haben uns entschieden, diesen Fall aufzuarbeiten, um auf mögliche Probleme mit resistenten Bakterien aufmerksam zu machen“, sagt Schmithausen. Denn beim Waschen im Haushalt gehe der Trend aus Umweltschutzgründen zu Temperaturen klar unter 60 Grad. Dies sei im Prinzip gut, weil Energie gespart werde. Wenn im Haushalt aber ältere Menschen gepflegt werden, die offene Wunden oder Blasenkatheter haben, oder Patienten mit eiternden Verletzungen oder Infektionen, müsse bei Temperaturen ab 60 Grad gewaschen werden. Nur so lasse sich eine Übertragung gefährlicher Keime vermeiden.

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