Im Schnellgang durch die Handwerkswelt

Riegelsberg · Ein organisierter Schnupperkurs für Flüchtlinge ins deutsche Arbeitsleben. Diese Art der Berufsberatung hatte am Dienstag Premiere – und zwar in Riegelsberg. 17 junge Syrer und acht Handwerks-Betriebe machten mit.

 Handwerksmeister Ullrich Leifheit zeigt seinen syrischen Zuhörern, wie Holz-Pellets zum Heizen aussehen. Foto: Becker & Bredel

Handwerksmeister Ullrich Leifheit zeigt seinen syrischen Zuhörern, wie Holz-Pellets zum Heizen aussehen. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

"Es ist ein Beruf mit Zukunft. Fließendes Wasser und eine gemütlich warme Wohnung brauchen die Leute immer." Ullrich Leifheit, Geschäftsführer der Sanitär- und Heizungsfirma Leifheit aus Riegelsberg , war direkt im Werbe-Modus für seinen Beruf und sein Unternehmen. Aufmerksame Zuhörer des Vortrags waren gestern syrische Flüchtlinge , die erste Gehversuche in die deutsche Arbeitswelt wagten.

Die 17 jungen Männer waren vom ehrenamtlichen Hilfenetzwerk Riegelsberg ausgesucht worden, um in einem sogenannten Speed-Dating - eine Art Schnell-Durchlauf - in zwei Gruppen insgesamt acht Unternehmen im Köllertal kennenzulernen. Alle 17 Syrer haben bereits einen Integrations- und Sprachkurs hinter sich.

Die Firmen hatte die Handwerkskammer (HWK) des Saarlandes vorsortiert. Sie sorgte auch für einen möglichst breiten Branchenmix. Neben Heizung-Sanitär waren die Gewerke Kfz, Elektro, Bäcker, Friseur, Metall sowie Garten- und Landschaftsbau mit von der Partie. "Es ist das erste Mal, dass eine solche Veranstaltung stattfindet", sagte HWK-Präsident Bernd Wegner . Sollte sich diese Form des gegenseitigen Kennenlernens bewähren, "können wir uns das auch in einem größeren Rahmen vorstellen". Als erstes ist dies für den Saarpfalz-Kreis in der Planung.

Die jungen Syrer hörten Ullrich Leifheit aufmerksam zu. Sie erfuhren, dass in Deutschland nicht nur mit Öl und Gas geheizt wird, sondern auch mit Holz-Pellets, dass Wasser auch mithilfe von Sonnenkollektoren warm gemacht werden kann und dass Leitungsrohre heute nicht mehr aus Metall, sondern aus Kunststoff sind. Etliche von ihnen haben schon recht feste Vorstellungen von dem, was sie in Deutschland arbeiten wollen. So erzählt Khaled Alobed (28), dass er eine Mechatroniker-Ausbildung anstrebt. In Syrien hatte er Jura studiert und einige Jahre als Polizist gearbeitet. Seine Deutsch-Kenntnisse sind inzwischen so gut, dass das Riegelsberger Rathaus ihn regelmäßig als Übersetzer beschäftigt. Majid Haroun (21) arbeitete in Syrien als Möbelschreiner. Er möchte wieder in dieses Metier zurückkehren.

Ihnen wird schnell klar, dass dies in Deutschland nicht so ohne weiteres möglich ist. Sie müssen zumindest eine dem Hauptschulabschluss vergleichbare Schulausbildung vorweisen und dann eine Lehre absolvieren, wie auch gestern erneut deutlich wurde. "Viele junge Syrer meinen, dass sie in Deutschland sofort loslegen können, wenn sie zu Hause in einem Handwerksberuf gearbeitet haben", sagt die Linken-Landtagsabgeordnete Birgit Huonker , die auch im Hilfe netzwerk Riegelsberg tätig ist. "Dass sie eine Ausbildung brauchen und dafür Sprachkenntnisse unerlässlich sind, müssen sie erst einmal verinnerlichen." Ihrer Motivation, sich in Deutschland eine Existenz aufzubauen, "tut das aber keinen Abbruch", sagt Huonker. Die Firma Leifheit jedenfalls sucht zum 1. August einen Lehrling. Ob es ein Syrer wird? Wer weiß.

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