Im Maschinenbau brummt es wieder Umfrage: Europas Wirtschaft kommt nur schleppend voran

Herr Wittenstein, Ihre Branche boomt nach der Krise wieder. Wie robust ist der Aufschwung?Wittenstein: Der Auftragseingang im deutschen Maschinen- und Anlagenbau ist im ersten Halbjahr 2010 um insgesamt 32 Prozent gewachsen. Bei diesen hohen Zuwachsraten muss zwar auch ein Basiseffekt berücksichtigt werden: Mai und Juni 2009 waren die schlechtesten Monate des vergangenen Jahres

Herr Wittenstein, Ihre Branche boomt nach der Krise wieder. Wie robust ist der Aufschwung?Wittenstein: Der Auftragseingang im deutschen Maschinen- und Anlagenbau ist im ersten Halbjahr 2010 um insgesamt 32 Prozent gewachsen. Bei diesen hohen Zuwachsraten muss zwar auch ein Basiseffekt berücksichtigt werden: Mai und Juni 2009 waren die schlechtesten Monate des vergangenen Jahres. Doch davon abgesehen ist der Bestelleingang dynamisch gewachsen. Richtig robust ist die Konjunktur allerdings noch nicht. Sie ist nach wie vor anfällig gegen Rückschläge. Für die nächsten Monate rechnen wir mit weiteren Plusraten, die allerdings auch mal kleiner ausfallen könnten.Welchen Anteil hat die Bundesregierung an der konjunkturellen Erholung?Wittenstein: Die Konjunkturprogramme haben uns zweifellos an der einen oder anderen Stelle geholfen. So beispielsweise durch die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung. Insbesondere die Kurzarbeiterregelung hat es unseren Unternehmen erleichtert, ihre Stammbelegschaft zu halten und dadurch jetzt wieder voll durchstarten zu können.Die Gewerkschaften wollen nun höhere Löhne — ist das aus ihrer Sicht verfrüht?Wittenstein: Auf jeden Fall. Wie gesagt, wirklich robust ist die Konjunktur noch nicht und von den Boomjahren 2008 und 2009 sind wir noch weit entfernt. Zudem sind in der Krise viele Unternehmen auch finanziell an den Rand des Möglichen gegangen, um ihre Belegschaft zu halten.Auf der anderen Seite ist eine Debatte über die Rente mit 67 entstanden. Was halten Sie von einer möglichen Abkehr?Wittenstein: Nichts! Die Rente mit 67 war hinsichtlich der Alterung unserer Gesellschaft ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Aber nicht nur aus demographischen Gründen, sondern auch angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels brauchen wir unsere älteren Mitarbeiter. Der VDMA bemüht sich daher seit langem um spezielle Qualifizierungs- und Fortbildungsangebote für diese Zielgruppe.Sie sprechen den zunehmenden Fachkräftemangel an. Wie groß ist der Bedarf in ihrer Branche, und wie lässt er sich decken?Wittenstein: Wir gehen von derzeit rund 4000 offenen Ingenieursstellen im deutschen Maschinenbau aus, bei steigender Tendenz. Es genügt daher nicht, nur am Thema Zuwanderung anzusetzen. Wir müssen auch unser Bildungssystem weiterentwickeln. In den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen etwa haben wir Abbrecherquoten von bis zu 50 Prozent. Das ist dramatisch. Wir müssen zudem aber auch sehen, wie wir die Abwanderung von Fachkräften aus Deutschland stoppen. Deutschland ist längst von einem Einwanderungs- zu einem Auswanderungsland geworden.Frankfurt. Die Wirtschaft im Euroraum kommt nach Prognosen europäischer Ökonomen nur schleppend aus der Krise. Für dieses und das kommende Jahr sagten 55 von der Europäischen Zentralbank (EZB) befragte Experten verhaltene Wachstumsraten voraus. 2010 wird die Wirtschaftsleistung in den 16 Euroländern demnach um 1,1 Prozent zunehmen, heißt es im Monatsbericht der EZB. Für das kommende Jahr senkten die Fachleute ihre Prognose leicht auf 1,4 (1,5) Prozent. 2012 werde das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) etwas auf 1,6 Prozent zulegen. Im Krisenjahr 2009 war die Wirtschaft in den 16 Staaten mit der Gemeinschaftswährung um 4,1 Prozent geschrumpft.Deutschland gilt derzeit dank seiner Exportstärke als Lokomotive Europas. dpa

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