Im dunklen Bastelkeller

Saarbrücken. Es muss schwer zu ertragen sein, wenn man als Musiker mit langer Karriere immer an den frühen Hits gemessen wird - vor allem, wenn es keine späten Hits mehr gibt

Saarbrücken. Es muss schwer zu ertragen sein, wenn man als Musiker mit langer Karriere immer an den frühen Hits gemessen wird - vor allem, wenn es keine späten Hits mehr gibt. Gary Numan hatte 1979 mit "Cars" und "Are 'friends' electric" gleich zwei Nummer-eins-Singles in England und war mit Anfang 20 kurzzeitig ein globaler Star mit seiner unterkühlten Synthie-Popmusik, in der Entfremdung und Isolation die dominanten Themen waren. Das ganz große Publikum ließ Numan rasch links liegen, verschreckt von ambitionierten Experimenten mit Jazz- und Funkelementen, aber auch von vollmundigen Interviews, in denen der Neureiche die harte Linie (und den Falkland-Krieg) der Premierministerin Margaret Thatcher pries. Kein Wunder, dass er zum Lieblings-Hassobjekt der eher linken Popblätter Englands avancierte.Jahrelang werkelte Numan, nebenbei Kunstflieger, danach im Untergrund des "Kult", was bei ihm bedeutete, dass zu seinen Konzerten die immergleichen Fans kamen und der Rest der Welt nicht mehr wusste, dass es ihn noch gab. Dass sich das in den vergangenen Jahren änderte, hat wohl sogar Numan überrascht. Coverversionen seiner alten Hits und lobende Erwähnungen seitens Künstler wie Trent Reznor von Nine Inch Nails brachte ihn zumindest in England wieder ins kollektive Bewusstsein. Seit einigen Jahren ist Numan also wieder da, wenn auch in einer künstlerisch zwiespältigen Lage: Seine Retro-Tourneen mit alten Alben wie "The Pleasure Principle" füllen mittelgroße Hallen, Konzertreisen mit neuerem Material sind da riskanter - das könnte den Umstand erklären, dass Numan in Interviews seinen Abscheu über Retro-Nostalgie kundtut, dann aber fünf Jahre braucht, um ein neues Album herauszubringen, von dem er offenherzig zugibt, das es beim Herumbasteln mit verworfenen Ideen der letzten zehn Jahre entstand. Umso merkwürdiger, dass das arg pathetisch betitelte Album "Dead son rising" mit das beste Material Numans seit langem enthält - auch wenn ein paar Instrumentalstücke und eine Reprise es im Gesamteindruck ein wenig verwässern.

Von dem Versuch, radiotauglich zu klingen, hat sich Numan, mittlerweile 53, zwar seit langem verabschiedet - aber gleichzeitig pocht unter der staubigen Lederjacke ein Herz für griffige Pop-Melodien. So kommen Rock-Electro-Mischungen wie "The Fall" oder "When the sky bleeds he will come" heraus, deren Refrains sofort im Ohr bleiben, auch wenn sie es dem Hörer mit verzerrten Gitarren, schepperndem Schlagzeug, Piepsen und Blubbern aus dem Computer nicht einfach machen. Numan ist auch immer Arrangeur von Klängen, der eine Atmosphäre des Düsteren, Bröckelnden schätzt. Diesen Untergangsbombast lässt er bei der Überraschung des Albums hinter sich - "Not the love we dream of" ist eine schlichte Ballade in dunkelstem Moll, nur mit Klavier und Numan, der sich durch seine Texte von Trauer und Verlust wispert und nuschelt. Schlicht und traurig schön. tok

Gary Numan: Dead son rising (Mortal Records/Cargo).

Foto: Ed Fielding

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