Identität - ein großes Puzzle

St. Wendel. Getuschte Wimpern und rotgeschminkte Münder, lackierte Fußnägel und schwarze Spitze am BH, aber vor allem viel nackte Haut fallen dem Betrachter der Bilder von Isabelle Federkeil ins Auge. Der Blick wird unwillkürlich in die geteilte Mitte der aus gespiegelten Einzel-Körperteilen zusammengesetzten Werke gezogen

 Frauenpower? Eine Arbeit von Isabelle Federkeil. Foto: Mia-Münster-haus

Frauenpower? Eine Arbeit von Isabelle Federkeil. Foto: Mia-Münster-haus

St. Wendel. Getuschte Wimpern und rotgeschminkte Münder, lackierte Fußnägel und schwarze Spitze am BH, aber vor allem viel nackte Haut fallen dem Betrachter der Bilder von Isabelle Federkeil ins Auge. Der Blick wird unwillkürlich in die geteilte Mitte der aus gespiegelten Einzel-Körperteilen zusammengesetzten Werke gezogen. Dorthin, wo sich das Selbst - in diesem Falle das der sich selbst fragmentarisch und nackt abbildenden Künstlerin - kaleidoskopartig in zwei oder vier sich spiegelnde Einzelbilder teilt. Dorthin auch, wo man bei manchen Bildern glaubt, tief ins dunkle Innere der Künstlerin blicken zu können. Erotisch, lustvoll wirken diese Körperteile-Such-Bilder, auch verstörend und schonungslos realistisch in ihrer Detailversessenheit.Nicht gleich lässt sich erkennen, was hier dargestellt ist. Es sind ihre eigenen Körperteile - Arme, Beine, Brüste, auch die Speckrollen am Bauch, die sie mit Hilfe eines kleinen Rasierspiegels erst fotografiert und dann mit Acryl auf Leinwand festgehalten hat. Wie muss sie sich dabei verrenkt, verdreht haben?

Und was würde unser Blick in den Spiegel uns sagen? Hier geht es um Identität(en). Wer bin ich, wie setzt sich mein Bild von mir zusammen, wie sehen mich andere? Was ist echt, was gespiegelt? Federkeil gelingt es, den Betrachter über ihre Bilder zur Selbstreflexion anzuregen. Immer wieder setzt sie sich vor aller Augen neu zusammen und zeigt, dass es mehr als nur ein Selbst gibt. Identität wandelt sich, passt sich an, wird geformt - und von der Gesellschaft/dem Betrachter bewertet und eingeordnet.

Körperlichkeit und Identität ziehen sich thematisch wie ein roter Faden durch ihr Werk. 2009 war es der alternde Körper ihres Lebensgefährten, den sie in der Ausstellung "Mann" in der Saarbrücker Stadtgalerie schonungslos zeigte. Die Künstlerin gibt in ihren Werken viel von sich preis. Das ist einerseits mutig, andererseits narzisstisch, aber im positiven Sinne. Indem sie sich zur Schau stellt, bejaht sie ihren Körper mit all seinen Macken. Gerade in Zeiten, in denen Frauenkörper superschlank, superglatt und superclean zu sein haben, um als schön zu gelten, ist dies ein wohltuend feministischer Ansatz.

Der zweite Teil der Ausstellung geht auf das politische Engagement Federkeils zurück. Im Rahmen eines Sport-Programmes für Jugendliche der internationalen Hilfsorganisation Care hat die Künstlerin mit 17 jungen Mädchen aus den Slums von Nairobi gearbeitet, die übers Fußballspielen ihre persönlichen Stärken gefunden haben. Auma Obama, kenianische Halbschwester des US-Präsidenten, betreut das Projekt "Sport for Social Change". Im Rahmen von Federkeils Besuch sind Portraits der Mädchen entstanden, die sich selbst beschrieben. Viele vergleichen sich mit starken wilden Tieren, ein "lion" (Löwe) will fast jede sein - nur wer stark genug ist, überlebt in den Slums von Nairobi. Im Juni waren die Mädchen auf Einladung von Care zu Gast bei der Präsentation ihrer Portraits in Luxemburg. Ursprünglich sollte Federkeil nun wieder nach Kenia fliegen, um das Projekt fortzusetzen, doch durch die Hungersnot ist dies zurzeit nicht möglich.

Bis 23. Oktober; Di, Mi, Fr: 10-13 und 14-16.30 Uhr; Do: 10-13 und 14-18 Uhr; Sa: 14-16.30 Uhr, So: 14 bis 18 Uhr.

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