"Ich will keine Politik predigen"

Ihr Film "Argo" beginnt mit dem Sturm auf die US-Botschaft in Teheran im Jahre 1979. Die Bilder gleichen denen, die wir gerade in Libyen, Ägypten und Tunesien gesehen haben

 CIA-Agent Tony Mendez (Ben Affleck) , der US-Bürger aus dem Iran bringen will. Foto: Warner

CIA-Agent Tony Mendez (Ben Affleck) , der US-Bürger aus dem Iran bringen will. Foto: Warner

Ihr Film "Argo" beginnt mit dem Sturm auf die US-Botschaft in Teheran im Jahre 1979. Die Bilder gleichen denen, die wir gerade in Libyen, Ägypten und Tunesien gesehen haben. Hat sich im Verhältnis zwischen den USA und den muslimischen Staaten nichts geändert?Affleck: Es ist schon schwer zu glauben, dass der Film von Ereignissen erzählt, die vor 30 Jahren passiert sind, und wir heute immer noch mit denselben Themen beschäftigt sind. Im Iran regiert zwar nicht mehr Chomeini, sondern Ahmadinedschad, aber das Regime hat sich wenig geändert. Auch die Empfindlichkeiten zwischen den USA und dem Iran bestehen weiterhin. Der Film zeigt die unbeabsichtigten Konsequenzen einer Revolution: Im Iran haben die USA Mitte der Fünfziger einen Umsturz gegen die demokratisch gewählte Regierung angezettelt und dann den Schah als Autokraten eingesetzt. Zwischen dem Schah und Herrschern wie Mubarak oder Assad, die bis vor kurzem von den USA toleriert wurden, besteht wenig Unterschied.

"Argo" ist vor allem ein unterhaltsamer Thriller. Hat der Film auch eine politische Botschaft?

Affleck: Keine Botschaft. Ich will keine Politik predigen. Aber es stellt sich die Frage: Sollte sich die USA wirklich mit ausländischen Alleinherrschern verbünden, um die eigene Hegemonialpolitik voranzutreiben? Der Nahe Osten ist seit dem Ersten Weltkrieg ein Spielball der Mächte. Die heutigen Probleme in dieser Region sind die Konsequenz dieser Historie.

Nicht nur der historische Hintergrund, sondern auch ein Großteil der Geschichte beruhen auf Tatsachen. Dazu gehört auch der Make-Up-Künstler John Chambers, der sowohl für Hollywood als auch die CIA gearbeitet hat.

Affleck: Chambers ist einer der bekanntesten Maskenbildner in Hollywood gewesen. Er hat die Masken für "Planet der Affen" und "Star Trek" gemacht. Aber er hatte in seiner Werkstatt auch eine Tür mit einem dicken Schloss davor. Dahinter verbargen sich die ganzen Masken, die er für die CIA gemacht hat. Mit deren Hilfe wurden Leute unerkannt aus Krisenregionen geschleust. Chambers hat den ersten Oscar in der Kategorie "Make Up" bekommen und ist von der CIA für seine Verdienste mit ihrem höchsten Orden ausgezeichnet worden.

Im Film ist Chambers das Bindeglied zwischen Hollywood und der großen Politik. Was haben Filmgeschäft und Weltpolitik gemeinsam?

Affleck: Das politische Theater unterscheidet sich nicht allzu sehr von der Herstellung eines B-Movies. Es geht ums Geschichtenerzählen, durch das man Macht über die Zuhörer gewinnt. Heute sind Politik und Unterhaltung, Nachrichten und Entertainment kaum noch voneinander zu trennen.

Der Film zeigt ein warmherziges Bild vom Hollywood der späten Siebziger Jahre. Ist dieser Blick nicht ein wenig sentimental?

Affleck: Ich empfinde eine gewisse Nostalgie gegenüber dieser alten Version Hollywoods. Heute werden dort unglaubliche Geldmengen von großen Konzernen verschoben. Ich finde es romantisch, wenn man im Film sieht, dass in den späten Siebzigern noch kleine Produzenten mit eigenwilligen Ideen am Spieltisch saßen. Diese Ära hatte eine gewisse Schäbigkeit, die der heutigen Zeit in manchen Punkten sogar sehr ähnlich ist. Die Wirtschaft, die Infrastruktur, das Bildungswesen - vieles schwächelte Ende der Siebziger im Zuge der Ölkrise, und auch damals gab es mit Jimmy Carter einen demokratischen US-Präsidenten, dem vorgeworfen wurde, dass er zu wenig durchgreift.

Warum haben Sie sich selbst wieder, wie in "The town", als Hauptdarsteller besetzt?

Affleck: Als Regisseur hat man nicht nur vor der Kamera, sondern auch später beim Schnitt, die Kontrolle über die eigene Darstellung. Außerdem wäre ich, wenn ich mich nicht selbst besetzen würde, mit so einem Projekt als Schauspieler für zwei Jahre vom Markt. Das Filmgeschäft hat ein sehr kurzes Gedächtnis. Da muss man präsent sein, um nicht vergessen zu werden. In Hollywood ist man nur so gut wie sein letzter Film. Hatte man einen Hit, wird man freundlich gegrüßt. Landet man einen Flop, wird man auf Cocktail-Partys übersehen.

"Argo" startet morgen im Saarbrücker Cinestar.

Auf einen Blick

Die anderen neuen Filme: Das Filmhaus (Sb) zeigt das herausragende Drama "Winterdieb" über Lebenskontraste zwischen einem Luxus-Skigebiet und den Mietskasernen im Tal. Auch im Filmhaus läuft Kim Ki-duks dunkler Thriller "Pieta". Die Camera Zwo (Sb) zeigt die Dokumentation "More than honey" über den Handel mit Honig und die vergnügliche Musik-Komödie "Fraktus". red

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