„Ich bin der Jogi Löw der Zimmerer“

Völklingen · Roland Bernardi hat Jogi Löw etwas voraus. Der Völklinger Handwerker hat mit seinem Zimmerer-Nationalteam schon Titel gewonnen – so vor ein paar Wochen in Grenoble die Europameisterschaft.

 Geschafft. Bronze für Deutschland bei der WM 2013 in Leipzig. Zimmerer-Trainer Roland Bernardi (links) und Wettkämpfer Andreas Fichter aus St. Georgen posieren nach den anstrengenden Prüfungen mit Fahne. Foto: Holzbau Deutschland

Geschafft. Bronze für Deutschland bei der WM 2013 in Leipzig. Zimmerer-Trainer Roland Bernardi (links) und Wettkämpfer Andreas Fichter aus St. Georgen posieren nach den anstrengenden Prüfungen mit Fahne. Foto: Holzbau Deutschland

Foto: Holzbau Deutschland

Das allererste Werk des heutigen Zimmerer-Nationaltrainers Roland Bernardi stieß auf wenig Gegenliebe. Mit einer Spielzeugsäge machte sich klein Roland an die Arbeit und sägte die Beine seines Kinderbetts ab. Das fand der Junge toll, seine Eltern nicht. Doch sie waren um eine Erkenntnis reicher: Da muss wohl ein Talent schlummern. Zumal sich Roland verdächtig oft in der Werkstatt seines Vaters, einem gelernten Dachdeckermeister, aufhielt, und sich immer wieder mit Holz beschäftigte. "Ich habe gerne mit Brettern gespielt und irgendwas zusammengebaut - bis hin zu Vogelhäuschen."

So viel Interesse konnte nicht ohne Folgen bleiben. Eine Handwerker-Karriere war vorgezeichnet. Seit 1992 leitet der gelernte Zimmerer, Zimmermeister und Restaurator den Betrieb in Völklingen-Geislautern, den er mit seinem Bruder Hans-Jörg vom Vater übernommen hat. Neben seinem Beruf engagierte sich Roland Bernardi früh in Gremien seines Handwerks, zunächst auf Landes-, dann auch auf Bundesebene.

Gold für Deutschland

Ein einschneidendes Erlebnis prägt sein Leben bis heute. Aus dem Verband kam die Frage, ob er Lust habe, die besten Nachwuchs-Zimmerer auf die Europameisterschaft 1996 vorzubereiten. "Man wusste, wie stark ich hinter etwas stehe, wenn es mir Spaß macht", erklärt Bernardi, warum der Verband bei der Suche nach einem Betreuer an ihn dachte. Die EM war damals noch ein junger Wettbewerb. 1994 wurde sie erstmals ausgetragen. Es sei vor allem darum gegangen, im internationalen Wettstreit mit den europäischen Nachbarn herauszufinden, "wie gut die Ausbildung in Deutschland ist" und was verbessert werden müsse, sagt Bernardi. Heute seien die internationalen Wettkämpfe, die Europa- und Weltmeisterschaften, auch Gelegenheiten, bei jungen Menschen Begeisterung für den Beruf zu wecken. Seit 2006 steht Roland Bernardi als Teamleiter an der Spitze der Mannschaft: "Ich bin der Jogi Löw der Zimmerer", sagt er und lacht. Wobei er sich in einem ganz sicher ist: "Das, was ich mache, gibt es nur einmal in Deutschland."

Das Engagement für die Zimmerer-Nationalmannschaft verlangt dem 53-Jährigen einiges ab: In ganz Deutschland sichtet Bernardi Talente. Dafür ist er bis zu 40 Tage im Jahr unterwegs. Mittlerweile wird er von einem Stellvertreter und zwei Trainern unterstützt. Doch am Ende muss Bernardi die harte Entscheidung treffen, wer bei der Europa- oder der Weltmeisterschaft antreten darf. Nur drei Handwerker pro Land dürfen an einer EM teilnehmen, bei einer WM ist es nur einer.

Die Mannschaft trifft auf knallharte Konkurrenz, insbesondere bei den Weltturnieren. Denn während die Deutschen ehrenamtlich trainieren, trimmen Länder wie etwa Taiwan ihre Teilnehmer mit staatlicher Förderung unter Profibedingungen auf Sieg. "Für die bricht dann eine Welt zusammen, wenn sie keine Medaille holen. Gelingt ihnen das jedoch, ist ihnen ein Posten auf Lebenszeit sicher", sagt Bernardi.

Er ist mit Kollegen aus anderen Teilnehmerstaaten auch an der Entwicklung von Prüfungsaufgaben beteiligt. Schon Fehler im Millimeter-Bereich führten zu Punktabzügen, erläutert Bernardi. Die Teilnehmer müssen neben ihrem Talent ein enormes Nervenkostüm haben. 22 Stunden auf vier Tage verteilt kämpfen sie bei einer Weltmeisterschaft, bei einer Europameisterschaft sind es 22 Arbeitsstunden an drei Tagen. Die deutsche Mannschaft holte im April Gold bei der Europameisterschaft in Grenoble, im vergangenen Jahr Bronze bei der Weltmeisterschaft in Leipzig.

Wie stehen die Chancen für einen Saarländer, zu einem internationalen Wettbewerb zu fahren? "Ich bin mit den momentanen Leistungen und Ergebnissen im Saarland sehr zufrieden", sagt Bernardi. Doch sei die Konkurrenz aus anderen Bundesländern noch ein Stück weit stärker, was auch an der Zahl der Auszubildenden liege, aus denen dann Talente gefördert werden können. "Im Saarland haben wir pro Jahr zehn bis 15 Auszubildende, alleine in Baden-Württemberg sind es 350." Doch wer weiß: Bernardi würde jedenfalls gerne mal einen Saarländer zu einer Europameisterschaft oder Weltmeisterschaft schicken.

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HintergrundDie Zimmerer-Nationalmannschaft - das sind die besten Zimmerer Deutschlands im Alter von maximal 23 Jahren. Die Bestplatzierten der Deutschen Meisterschaften werden darin aufgenommen. Zurzeit gehören dem Team fünf junge Zimmerer an, betreut von einem vierköpfigen Trainerstab. Im jährlichen Wechsel tritt eine Zimmerer-Auswahl bei der Berufs-WM World Skills und bei der EM an. red

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