Hunderte Millionen Euro weniger für Flugreisende

Berlin · Die Grünen werfen der EU-Kommission vor, die Rechte der Fluggäste einschränken zu wollen. Die Brüsseler Behörde mache den Fluggesellschaften Geschenke – auf Kosten der Verbraucher.

Wenn der Flieger Verspätung hat, ist das schon unangenehm genug. Jetzt droht den Fluggästen zusätzlich noch finanzieller Ärger: Allein den deutschen Passagieren gehen laut einer von der Grünen-Bundestagsfraktion in Auftrag gegebenen Studie 384 Millionen Euro jährlich an Entschädigung durch die Lappen, wenn die EU wie geplant ihre Reform der Fluggastrechte-Verordnung umsetzt.

Bislang gilt: Erreicht ein Fluggast sein Ziel über drei Stunden später als versprochen, und die Airline trägt Schuld daran, bekommt er eine Entschädigung. Bei Flügen von bis zu 1500 Kilometern sind das 250 Euro, bei Flügen bis zu 3500 Kilometern 400 Euro und bei über 3500 Kilometern und vier Stunden Verspätung 600 Euro. Doch die EU-Kommission will die Ansprüche nun einschränken. Dagegen regt sich auch bei Verbraucherschützern Widerstand. Nach dem Willen von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas sollen bei Verspätungen die Reisenden künftig nur noch dann Geld bekommen, wenn die Verzögerung je nach Distanz fünf oder sogar zwölf Stunden beträgt. Das, so kritisieren die Grünen, sei ein Geschenk an die Fluglinien auf Kosten der Verbraucher.

Die Bundestagsfraktion hat daher das Potsdamer Unternehmen Flightright nachrechnen lassen, wie teuer die Novelle für die Passagiere wird. Der Analyse zufolge haben in Deutschland pro Jahr rund 1,3 Millionen Flugreisende einen Entschädigungsanspruch, der im Schnitt 400 Euro beträgt. 72 Prozent davon würden durch die Reform der Verspätungszeiten ihren Anspruch verlieren, heißt es in der Studie. Die Entlastung der Airlines belaufe sich in Deutschland auf 384 Millionen Euro. Freilich, auch nach der alten Regelung hat nur ein Bruchteil der Passagiere seine Rechte geltend gemacht. Die meisten kennen sie schlichtweg nicht.

In Brüssel gehen dem Vernehmen nach die Verhandlungen über die Verordnung jetzt in die entscheidende Phase. Die Bundesregierung hat bislang den Kommissionsvorschlag gestützt. Bis Ostern muss sie aber eine erneute Stellungnahme dazu abgeben. Sie solle endlich "für den Erhalt des bestehenden Schutzniveaus kämpfen", forderte der tourismuspolitische Sprecher der Grünen, der Saarländer Markus Tressel. Wenn der Vorschlag der EU durchkomme, fehle für die Airline der Anreiz, größere Verspätungen zu vermeiden. Auch würden die Fluggesellschaften weniger investieren, "weil kaum noch Entschädigungszahlungen fällig werden", so Tressel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort