Hoffnung der SPD heißt hohe Wahlbeteiligung

München · Zumindest in einer Hinsicht ist der Bayern-SPD der Auftakt der heißen Wahlkampfphase voll geglückt: So heiß wie im dampfigen Münchner Theaterzelt „Das Schloss“ ging es noch bei keinem Parteitag zu. Bei Temperaturen von weit über 30 Grad vergießen Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, Seehofer-Herausforderer Christian Ude und die gut 300 Zuhörer am Samstag Ströme von Schweiß.

Das passt zur Botschaft: Beide beschwören die Basis angesichts der schlechten Umfragewerte, die Köpfe nicht hängen zu lassen, sondern für "das Ding" zu rackern wie noch nie. "Das Ding wird entschieden über den Swing von wenigen Prozent", sagt der Kanzlerkandidat. "Die kriegen wir nur, wenn wir bereit sind, zu laufen, zu laufen, zu laufen."

Bei 26 Prozent lag die SPD in der jüngsten bundesweiten Umfrage, die bayerische SPD in der letzten Erhebung des Bayerischen Rundfunks sogar nur bei 18 Prozent - genauso schlecht wie bei der Landtagswahl 2008, bei der die Sozialdemokraten die schwerste Niederlage nach dem Krieg erleiden mussten. "Nicht nervös werden", gibt Steinbrück als Losung aus. Der Schlüssel zum Erfolg, argumentiert der frühere Finanzminister, ist die Mobilisierung. "Wenn es uns gelingt, die Wahlbeteiligung wieder in die Höhe zu führen, hat die SPD das Potenzial, mehr Wählerinnen und Wähler aus dem Wartesaal herauszuführen." Ude richtet einen geradezu dramatischen Appell an die Delegierten: "Ich verspreche, auch in den nächsten zwei Monaten mich für diese Aufgabe tatsächlich zu zerreißen, aber ich bitte Euch, das ebenfalls zu tun." Dahinter steht die Sorge, die Bayern-SPD könnte schon vor den zwei Wahltagen am 15. (Landtag) und 22. September (Bundestag) in den alten resignierenden Trott zurückfallen.

Die CDU/CSU-Wähler sind nach vielen Wahlanalysen treuer als die der SPD - eine niedrige Wahlbeteiligung schadet der SPD mehr als der Union. 2009 basierte darauf die Wahlkampagne der CDU. Das Konzept hinter Angela Merkels sogenanntem Schlafwagen-Wahlkampf zielte darauf, die SPD-Wähler noch mehr einzuschläfern als die der Union.

Steinbrück und Ude wollen eine Wiederholung verhindern - und Bayern kommt dabei eine zentrale Rolle zu. In früheren Wahlkämpfen ließ die Berliner SPD-Zentrale den Freistaat links liegen. Der bayerische Landesverband galt lange als Hort chronisch erfolgloser Apparatschiks. Doch Bayern ist von der Bevölkerungszahl das zweitgrößte Bundesland. Der Niedergang der SPD im vergangenen Jahrzehnt war hier so dramatisch, dass das die Siegchancen der Sozialdemokraten im Bund auf Dauer zunichte machen könnte.

Doch wie mobilisieren? Eigentlich bieten CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer und sein Kabinett genügend Angriffsflächen. Ein halbes Dutzend Kabinettsmitglieder war in die Verwandtenaffäre verwickelt, die Energiewende läuft schlecht, in der Schulpolitik ist die Unzufriedenheit nach wie vor hoch, Seehofer hat lange nicht das Ansehen seines Vorvorgängers Edmund Stoiber in dessen besten Zeiten.

Doch Bayern ist in guter wirtschaftlicher Verfassung, die Arbeitslosigkeit in vielen Regionen auf einem Rekordtiefstand. Udes Hauptbotschaft ist soziale Gerechtigkeit. In Zeiten, in denen es den meisten gut geht, ist das schwer vermittelbar. Und auch die Negativkampagne gegen die CSU hat bisher nicht verfangen.

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