Höll-Eigner wehren sich

Saarbrücken · Fast auf den Tag genau zwei Jahre nach der letzten Pleite hat Höll gestern wieder Insolvenz angemeldet. Jetzt steht die Frage nach der Schuld im Raum. Die Eigner-Familie wehrt sich gegen Vorwürfe des Betriebsrats.

 Werksverkauf bei Höll: Schon vor zwei Jahren musste die Firma Insolvenz anmelden. Foto: becker&bredel

Werksverkauf bei Höll: Schon vor zwei Jahren musste die Firma Insolvenz anmelden. Foto: becker&bredel

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Der Wursthersteller Höll hat gestern, wie bereits am Vortag angekündigt, Insolvenz angemeldet. Jetzt ist die Suche nach den Ursachen in vollem Gange. Gewerkschaften und Belegschaft sehen die Eigner-Familie Thielen in der Verantwortung. Besitzer Gunter Thielen habe das Unternehmen "am ausgestreckten Arm verhungern lassen", sagt Betriebsratschef Dirk Naumann.

Der f rühere Bertelsmann-Manager Gunter Thielen wehrt sich gegen solche Vorwürfe: Neun Millionen Euro habe seine Familie in den vergangenen neun Jahren in das Unternehmen investiert. Doch er sehe keine Zukunftsperspektive mehr. "Seit Monaten gibt es nur Hoffnungen, aber keine konkreten Aufträge", sagt Thielen. Monatlich laufe ein Verlust von 300 000 Euro auf. "Pro Monat ein Eigenheim - das ist auf Dauer nicht zu finanzieren." Mittlerweile seien erneut Belastungen von insgesamt fünf bis sieben Millionen Euro aufgelaufen, doch Gewinne seien nicht in Sicht. "Vier Millionen Euro Umsatz im Monat wären nötig, um schwarze Zahlen zu schreiben", sagt Thielen. Mehr als zwei Millionen Euro würden aber nicht erreicht.

Der vorläufige Insolvenzverwalter Marc Herbert ist weniger pessimistisch: "Ich gehe nach aktuellem Stand davon aus, dass das Unternehmen schon kurz vor schwarzen Zahlen stand", sagt er. Die Kennzahlen des Unternehmens würden auf eine Erholung hinweisen.

Herbert muss jetzt viele Fragen klären. Zum Beispiel die des Kaufs der Höll-Immobilien durch das Land für 4,5 Millionen Euro. Damals soll laut mehreren Beteiligten durch ein Versehen des Notars eine Grundschuld von über eine Million Euro stehen geblieben sein, weshalb das Land nun eine Rückabwicklung des Kaufs prüft. Auch sagt Wirtschaftsstaatssekretär Jürgen Barke (SPD), dass das Land für zusätzliche Hilfen nicht mehr bereit se i.

Of fen ist auch die Frage, wie der damalige Alleingeschäftsführer Michael Thielen den Millionenbetrag nicht bemerken konnte, der ihm durch den Fehler zusätzlich zur Verfügung stand. Und der nun als offener Kredit das Unternehmen zusätzlich belastet.

Streit gibt es auch um eine zugesagte Kapitalerhöhung. Reiner Wenz, der seit September 2012 die Geschäfte führt, sieht sich um eine Kapitalspritze von einer Million Euro betrogen, die die Familie zugesagt habe. Zwar hat auch Gunter Thielen Recht, der sagt, er habe das Unternehmen sogar mit 1,3 Millionen gestützt, doch die besagte Million war bereits im August geflossen, als Michael Thielen noch die Geschäfte führte. "Für die Sanierung stand das Geld nicht mehr zur Verfügung", sagt Wenz. Rechtlich sei Gunter Thielen deshalb verpflichtet, die notariell zugesagte Kapitalerhöhung noch einmal zu zahlen, sagt Höll-Berater Dieter Hik el.

Während sich der Insolvenzverwalter all diese Fragen jetzt vornehmen muss - auch aus der letzten Insolvenz stehen noch Forderungen von 1,1 Millionen Euro aus - geht es jetzt erst einmal darum, den Betrieb zu sichern. Ab Anfang kommender Woche soll die Produktion wieder starten. Die großen Kunden hätten Höll die Treue versichert, heißt es. Herbert ist zuversichtlich, dass Höll immer noch eine Zukunft hat.

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