Krankenhäuser Höchste Zeit fürs Umsteuern in der Pflegepolitik

Die Misere in der Pflege ist zum politischen Dauerbrenner geworden. Vor allem der vielerorts grassierende Personalmangel sorgt für hitzige Debatten. Bislang konzentrierte sich die Aufmerksamkeit bei diesem Thema auf die Pflegeheime.

Krankenhäuser: Höchste Zeit fürs Umsteuern in der Pflegepolitik
Foto: SZ/Robby Lorenz

Nun richtet der Gesundheitsminister den Fokus auch auf die Krankenhäuser, in denen das Problem mittlerweile ähnlich akut ist. Für seinen Vorstoß sollte man Jens Spahn dankbar sein.

Während die Zahl der Krankenhausärzte in den letzten Jahrzehnten deutlich nach oben ging, ist die Zahl der Pflegekräfte in den Kliniken rückläufig. Erfahrungsberichte zeigen, dass sich ein zuständiger Klinik-Mitarbeiter heute nicht selten um 40 oder sogar noch mehr Patienten kümmern muss. Die Entwicklung resultiert aus dem Vergütungssystem für die Kliniken, in dem Pflegekräfte nur ein Störfaktor bei der Gewinnmaximierung sind. Der demografische Wandel verschärft das Problem. So gibt es immer mehr alte Patienten, die chronisch krank und gleichzeitig pflegebedürftig sind. Etwa jeder Sechste ist bereits über 80 Jahre alt. Höchste Zeit also für ein pflegepolitisches Umsteuern auch in diesem Bereich.

In Spahns neuem Gesetzentwurf ist neben den schon länger versprochenen 13 000 Pflegekräften für Altenheime deshalb auch ein Passus für die Kliniken enthalten. Sie sollen künftig konkrete Vorgaben bekommen, wie viel Pflegepersonal jeweils für ihre Patienten zur Verfügung stehen müssen. Das ist durchaus ein mutiger Schritt. Denn er rührt am Prinzip der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Spahn entmachtet damit ein Stück weit Kliniken und Krankenkassen, die sich über das Thema schon seit Jahren die Köpfe heiß reden, ohne es dabei zu substanziellen Ergebnissen gebracht zu haben.

Sicher ist es sehr ambitioniert, innerhalb eines vergleichsweise kurzen Zeitraums für jedes Krankenhaus das genaue Verhältnis der Pflegekräfte zum erforderlichen Pflegeaufwand zu bestimmen. Den Kliniken wird mit dem Entwurf aber endlich signalisiert, dass es so nicht weitergehen kann. Und noch etwas stimmt hoffnungsvoll: Alle einschlägigen Daten sollen veröffentlicht werden. Interessierte Patienten können sich dann selbst darüber ins Bild setzen, wie gut oder schlecht sie in einer bestimmten Klinik aufgehoben sind. Das kann dem Wettbewerb um mehr Qualität nur gut tun.

Nun wird mancher einwenden, dass sich auch die Kliniken das Betreuungspersonal nicht einfach backen können, welches sie nun wieder vermehrt einstellen sollen. Aber hier dreht sich langsam der Wind. Mit der gleichzeitig geplanten Ausbildungsoffensive und den anvisierten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen einschließlich einer spürbar höheren Bezahlung wird auch die Attraktivität des Pflegeberufs steigen. Teilzeitkräfte zum Beispiel, die es gerade in diesem Bereich zuhauf gibt, könnten so in einem ersten Schritt zur Vollzeitarbeit motiviert werden. Am Ende hat es jede Klinik selbst in der Hand, entsprechende Anreize zu schaffen. Spahn hat dafür sinnvolle Vorgaben gemacht.

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