Hochkarätiges Schauspiel im Januar

schauspiel · Ohnmachtsanfälle und Tumulte im Zuschauersaal - dies waren einige Reaktionen auf Friedrich Schillers Uraufführung der "Räuber" 1782 im Nationaltheater Mannheim. Der gerade 22-jährige hatte mit diesem Schauspiel neue Maßstäbe auf dem Theater gesetzt

Ohnmachtsanfälle und Tumulte im Zuschauersaal - dies waren einige Reaktionen auf Friedrich Schillers Uraufführung der "Räuber" 1782 im Nationaltheater Mannheim. Der gerade 22-jährige hatte mit diesem Schauspiel neue Maßstäbe auf dem Theater gesetzt. Ein zutiefst vom Idealismus geprägter Dichter, der auf drastische Weise eine Welt voller Zynismus und Nihilismus zu entwickeln verstand, ohne diese dabei vordergründig zu denunzieren - schon in seinem Erstling bewies Schiller seine vollkommene dichterische Meisterschaft. Aus heutiger Sicht liest sich das Stück wie eine klare gesellschaftliche Analyse, die uns die Ursachen für ideologische Verblendung und Verführung vor Augen führt. Eine Mentalitätsstudie, die der renommierte Regisseur Thomas Schulte-Michels als großes, unterhaltsames, bisweilen zirzensisches Spektakel auf die Bühne bringt, aus dem urplötzlich eisiger Schrecken über die menschenverachtende Rhetorik der Protagonisten hervorbricht. Für Thomas Schulte-Michels ist dies die erste Regiearbeit am SST; in seiner langen Karriere hat er an allen großen Bühnen gearbeitet. Zuletzt wurde seine Inszenierung von Brechts "Herr Puntila und sein Knecht Matti" am Wiener Volkstheater mit dem Nestroy-Preis ausgezeichnet.In der Alten Feuerwache inszeniert Dagmar Schlingmann Gerhart Hauptmanns Tragikomödie "Die Ratten" von 1911. Hauptmanns Helden sind irrlichternde Gestalten, wie von Zeit und Raum ausgespuckt. Im Zentrum: die kinderlose Maurergattin Frau John (Saskia Petzold) und die junge, schwangere Polin Pauline Piperkarcka (Christiane Motter) - der übermächtige, unerfüllte Kinderwunsch auf der einen, das ungewollte Kind auf der anderen Seite.

Komisch konterkariert wird die berührende Geschichte der Mütter durch den bornierten Theaterdirektor Hassenreuter (Hans-Georg Körbel), der einer verblasenen Kunstauffassung vom Wahren und Schönen anhängt. Gerhart Hauptmann zeigt Menschen, denen der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Angesichts ihres Schicksals bleibt die Kunst fahl. Mit den "Ratten" hat Hauptmann den Naturalismus bereits weit hinter sich gelassen. Unheimlich ist die Atmosphäre im Inneren dieser Mietskaserne, draußen brodelt die Hektik der Großstadt.

So inszeniert Dagmar Schlingmann das Stück auch nicht als Milieustudie, sondern konzentriert sich mit viel Gefühl auf die Seele der Figuren, ihre Nöte und ihre Einsamkeit.HS/UTH

Matinee: 8. Januar, 11 Uhr, AFW

Premiere"Die Ratten": 13. Januar, AFW

Premiere"Die Räuber": 14. Januar, SST

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