Hilfspaket für Lebensversicherer
Berlin · Die Politik nimmt einen neuen Anlauf, um Lebensversicherern unter die Arme zu greifen, ohne dabei die Kunden stark zu benachteiligen. Die Branche muss sich aber auch auf härtere Vorgaben einstellen.
Die Bundesregierung will in den nächsten Wochen ein Hilfspaket für Lebensversicherer auf den Weg bringen. Damit reagiert die Koalition auf Klagen der Branche über die niedrigen Zinsen. Einen genauen Zeitplan und Details ließ das Finanzministerium gestern offen. Eine Sprecherin kündigte ein "ausbalanciertes Maßnahmenpaket" an. Bei dem Vorhaben geht es um eine faire Verteilung stiller Reserven der Versicherer zwischen Alt- und Neukunden beziehungsweise auslaufenden und bestehenden Verträgen. Angestrebt wird mehr Generationengerechtigkeit. Auf einen kleineren Teil der Kunden kämen so Einbußen zu. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" könnten die Pläne Versicherte, deren Verträge in diesem Jahr auslaufen oder die kündigen, zusammengerechnet mehr als zwei Milliarden Euro kosten. Laut dem Magazin "Focus" müssen rund zwei Millionen Kunden, deren Police in diesem oder im nächsten Jahr fällig wird, mit Einbußen bei ihrer Ablaufsumme rechnen.
Versicherer sind verpflichtet, Kunden, deren Police ausläuft, an den Bewertungsreserven - also den Kursgewinnen der Kapitalanlagen - zu beteiligen. Bisher werden Kunden bei Kündigung oder regulärem Ablauf ihrer Police zur Hälfte an den Bewertungsreserven beteiligt.
Diese Auszahlungen fallen derzeit besonders hoch aus, weil hoch verzinste Wertpapiere, die die Versicherer vor Jahren erworben haben, deutlich im Kurs gestiegen sind. Denn aktuell herausgegebene festverzinsliche Wertpapiere bieten viel weniger Zins. Die Versicherer müssen nun immer mehr der hochprozentigen Papiere verkaufen, um Kunden mit auslaufendem Vertrag an den Reserven zu beteiligen. Bei größeren Policen kann diese Sonderzahlung bis zu 15 000 Euro betragen. Den Schaden haben die Versicherten, deren Verträge weiterlaufen. Sie müssen mit weniger Rendite und Reserven-Beteiligung rechnen.
Verbraucherschützer kritisieren laut "Focus" die diskutierten Einschränkungen. Nicht den Unternehmen gehe es schlecht, sondern nur den Kunden. Die Versicherer pochen dagegen auf eine Neuregelung. Ein erster Versuch der schwarz-gelben Koalition, die Beteiligung der Kunden den Bewertungsreserven einzuschränken, war am Widerstand der Bundesländer gescheitert.
Versicherungsunternehmen und Vermittler müssen sich bei dem Maßnahmenpaket auf strengere Vorgaben einstellen. Versicherer könnten laut "Süddeutscher Zeitung" verpflichtet werden, die eingesparte Beteiligung an den Bewertungsreserven nicht für Auszahlungen an Aktionäre und nicht für Vertriebsaktionen zu verwenden. Diskutiert werde in der Koalition auch eine Verlängerung der Haftungszeiten für Vermittler, innerhalb derer sie Provisionen bei Kündigung durch den Kunden zurückzahlen müssen.
Der Präsident des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Alexander Erdland, sagte: "Die Bewertungsreserven sollen unverändert der Gesamtheit der Versicherten zur Verfügung stehen." Durch die geltende Regelung erhielten 19 Kunden künftig weniger, damit der 20. heute mehr bekomme. Es gehe auch nicht darum, die Beteiligung an den Bewertungsreserven abzuschaffen. Die neue Regelung soll aus GDV-Sicht nur so lange gelten, wie die Niedrigzinsphase anhält: "Steigen die Zinsen wieder, soll automatisch wieder die aktuelle Regelung greifen."