Heute beginnt Prozess gegen Ex-Siemens-Vorstand Ganswindt

München. Er gilt als der Unbeugsame. Wenn heute vor der Wirtschaftsstrafkammer des Münchner Landgerichts der Prozess gegen den ehemaligen Siemens-Vorstand Thomas Ganswindt beginnt, muss sich erstmals ein einstiges Mitglied der höchsten Führungsetage des Dax-Konzerns wegen des Schmiergeldskandals verantworten

München. Er gilt als der Unbeugsame. Wenn heute vor der Wirtschaftsstrafkammer des Münchner Landgerichts der Prozess gegen den ehemaligen Siemens-Vorstand Thomas Ganswindt beginnt, muss sich erstmals ein einstiges Mitglied der höchsten Führungsetage des Dax-Konzerns wegen des Schmiergeldskandals verantworten. Der 50-Jährige Ex-Manager wird nicht wie andere Siemens-Führungskräfte im Gegenzug zur Zahlung von Strafbefehlen einer langwierigen Gerichtsverhandlung entgehen. Ganswindt will öffentlich für den Beweis seiner Unschuld kämpfen. Seinem einstigen Arbeitgeber Schadenersatz zu zahlen, wie dies seine ehemaligen Chefs Heinrich von Pierer und Klaus Kleinfeld taten, schließt er ebenfalls aus.Ursprünglich wollte das Gericht Ganswindt im Januar wegen Steuerhinterziehung und vorsätzlicher Verletzung der Aufsichtspflicht den Prozess machen. Doch der erste Verhandlungstag war nach wenigen Minuten vorbei, der Prozess unterbrochen. Ganswindts Anwälte monierten erfolgreich, dass die Wirtschaftsstrafkammer lediglich mit zwei Berufsrichtern besetzt war. Zu wenig angesichts der Komplexität des Verfahrens, argumentierten sie.

Tatsächlich ist der Sachverhalt, den nun drei Berufsrichter klären sollen, verzwickt. Darauf deuten schon 23 Verhandlungstage hin. Die Staatsanwaltschaft wirft Ganswindt nämlich nicht vor, dass er selbst bestochen habe. Wäre der damalige Vorstand der Telekommunikationssparte jedoch "den Anhaltspunkten für Korruptionstaten nachgegangen und hätte entsprechende disziplinarische Maßnahmen ergriffen", dann, so folgert die Staatsanwaltschaft, wären weder schwarze Kassen geführt noch Bestechungen möglich gewesen. Zumindest aber wäre ihre Durchführung "wesentlich erschwert" worden.

Nicht selbst bestochen

Eine Argumentation, die Ganswindts Anwalt Kurt Bröckers nicht nachvollziehen kann. "Bislang wurden eine ganze Reihe entlastender Umstände nicht berücksichtigt", kritisiert er. Diverse betriebsinterne Untersuchungen hätten keine Hinweise auf Korruption ergeben. Konkret geht es der Staatsanwaltschaft zum Beispiel um die an russische Auftraggeber 2003 geschenkten Computer für ein Museum oder die indirekte Zahlung hoher Summen an Minister, Rechtsberater und andere Entscheidungsträger in Nigeria. Die Anklagebehörde macht Ganswindt zudem "mittelbar" dafür verantwortlich, dass dem deutschen Staat Steuergelder entgingen, weil Siemens Gelder für fingierte Beraterverträge von der Steuer absetzte.

Insgesamt soll Siemens über Jahre hinweg rund 1,3 Milliarden Euro in dunkle Kanäle geschleust und als Schmiergeld eingesetzt haben, um im Ausland an lukrative Aufträge zu gelangen. Der größte Korruptionsskandal der deutschen Wirtschaftsgeschichte kostete den Konzern rund 2,5 Milliarden Euro, unter anderem an Strafzahlungen, Anwalts- und Beraterkosten.

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