"Heulsusen-Mentalität im Saarland"

Saarbrücken. Ministerpräsident Peter Müller (Foto: Becker & Bredel) sieht ein Jahr nach dem schweren Grubenbeben Kritiker widerlegt, das Ende des Bergbaus bringe das Saarland an den Rand der Existenz und werde den Verlust von tausenden von Arbeitsplätzen mit sich bringen. "Das ist absurd", schimpfte Müller gestern

Saarbrücken. Ministerpräsident Peter Müller (Foto: Becker & Bredel) sieht ein Jahr nach dem schweren Grubenbeben Kritiker widerlegt, das Ende des Bergbaus bringe das Saarland an den Rand der Existenz und werde den Verlust von tausenden von Arbeitsplätzen mit sich bringen. "Das ist absurd", schimpfte Müller gestern. "Die Heulsusen-Mentalität im Saarland erschließt sich mir nicht. Alle Regionen feiern ihren Wirtschaftsaufschwung, während im Saarland gesagt wird: Es könnte sein, dass die vorübergehende Versetzung von 1700 Bergleuten einen Aderlass an Arbeitsplätzen bedeutet."Alle Bergleute würden sozialverträglich abgesichert. "Wir kümmern uns um jeden Einzelnen. Es werden Lösungen für alle erarbeitet: Bergleute, Bergbau-Betroffene, Zulieferbetriebe, Kraftwerke." Fast alle jungen Bergleute seien in andere Betriebe vermittelt, das 2008 im Saarland erzielte und bundesweit beste Wachstum helfe bei der Bewältigung der Krise.

Von vielen Seiten im Land würden diese Erfolge einfach nicht zur Kenntnis genommen. "Ich finde es schrecklich, wie sich dieses Land immer wieder selbst schlecht macht. Nirgendwo gibt es derzeit ein Bundesland, wo es so gut läuft, aber alle weinen", so Müller. Alle Horrorszenarien, wie auch von der IG BCE nach dem Beben geäußert, es würden bis zu 20 000 Jobs verloren gehen, seien nicht eingetroffen. "Wir haben keinen Arbeitsplatz verloren."

Scharf geht Müller mit politischen Kräften ins Gericht, die nach weiterer Kohleförderung unter unbewohntem Gebiet rufen. "Jeder Bergbau im Saarland hat Auswirkungen auf bewohntes Gebiet." Jeder, der Bergbau nach 2012 fordert, "der will realistischerweise in die Primsmulde." Befürworter nähmen in Kauf, dass "Frauen, Männer und Kinder ihr Leben verlieren".

Es sei nicht zu kritisieren, dass die 2012 verbliebenden Saar-Bergleute vorübergehend an andere Standorte wechseln, um Rentenansprüche zu sichern. Das Saarland wende 122 Millionen Euro auf, um Bergleuten eine Brücke zum Anpassungsgeld zu bauen, verteilt auf die Haushalte bis zum Jahr 2027.

Wirtschaftsminister Joachim Rippel betonte, den Zuliefer-Betrieben werde mit Delegations-Reisen geholfen, neue Märkte zu erschließen. Hanspeter Georgi, Leiter der Transferstelle zur Vermittlung junger Bergleute unterstrich, für 100 noch zu Vermittelnde stünden rund 400 Angebote bereit.

Die Initiative Kohle, Stahl, Energie, zu der viele Zulieferer gehören, prognostiziert, schon bald wäre man froh, wenn über 2012 hinaus Kohle an der Saar gefördert würde. Dem Land fehlten 500 Millionen Euro Umsatz, die das Bergwerk Saar im Jahr 2007 erzielte. Wegen der Wirtschaftskrise werde es schwerer, Ersatzarbeitsplätze zu finden.

Meinung

Gefahren nicht verharmlosen

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia

Ministerpräsident Peter Müller hat seinem Ärger Luft verschafft. Es gebe zu viele Kritikaster im Land, die ständig ein Haar in der Suppe suchen. Erfolge, wie die Bekämpfung der Kohlekrise und das bundesweit stärkste Wachstum 2008 würden zu wenig gewürdigt. Recht hat Müller, dass die Bekämpfung der Kohlekrise besser läuft als erwartet. Falsch ist, die Kritiker von damals mit ihren Befürchtungen jetzt pauschal abzustrafen. Direkt nach dem Beben sah die Situation deutlich schlimmer aus. Geholfen hat, dass Politik, RAG, Gewerkschaft IG BCE, Wirtschaft und Betriebe schnell Lösungen suchten. Müller läuft Gefahr, Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu verharmlosen. Sie erreichen das Saarland, wie fast alle Konjunkturtrends, ein halbes bis ein Jahr später als im Bund.

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