Herbe Niederlage für Ex-Prokon-Chef

Hamburg · Prokon-Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin hat bei der Windenergiefirma Prokon weiterhin das Sagen. Er will jetzt Firmenteile wie eine Ölmühle verkaufen, um damit finanzielle Forderungen zu begleichen.

Niederlage für Ex-Prokon-Chef Carsten Rodbertus: Bei einer der größten Gläubigerversammlungen der deutschen Wirtschaftsgeschichte wurde rund 15 000 Genussrechtsinhabern der Windenergie-Firma ihr Stimmrecht versagt. Sie hatten es zuvor per Vollmacht an eine von Rodbertus unterstützte Arbeitsgemeinschaft übertragen. Diese Vollmachten seien ungültig, teilte die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) aus der Versammlung mit. Auch Anleger-Anwälte bestätigten dies. Bei der Versammlung wurde Dietmar Penzlin als Insolvenzverwalter bestätigt. Der vorläufige Gläubigerausschuss, dem auch DSW-Vizepräsident Klaus Nieding angehört, wurde mit 96,2 Prozent ebenfalls bestätigt. Außerdem hat die Gläubigerversammlung den vorläufigen Sanierungsplan des Insolvenzverwalters abgesegnet.

Zu der Veranstaltung waren mehr als 5000 Gläubiger nach Hamburg gekommen. Bei der überschuldeten und zahlungsunfähigen Firma hatten rund 75 000 Anleger 1,4 Milliarden Euro angelegt. Es waren laut Amtsgericht Itzehoe 705 Millionen Euro Kapital stimmberechtigt vertreten. Ein Großteil hatte seine Stimmen an Anlegerschützer und Rechtsanwälte abgetreten. Die DSW und andere Anlegervertreter wie die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hatten beim Amtsgericht Itzehoe Anträge gestellt, dass die umstrittenen Stimmrechte annulliert würden. Das Gericht wollte sich erst nach Ende der Veranstaltung äußern. Der Konflikt drehte sich nach DSW-Angaben um Vollmachten , die einem Vertrauten des Ex-Prokon-Chefs Carsten Rodbertus erteilt worden waren. Die Anlegerschützer erachteten es für unrechtmäßig, dass diese Stimmrechte von dem Rodbertus-Vertrauten eingesammelt wurden. Für den Ex-Chef habe sich dadurch ein unzulässiger Interessenkonflikt als Geschäftsführungsorgan und Vertreter von Genussrechten ergeben.

Seit Wochen liegt Firmengründer Rodbertus im Streit mit Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin . Der wollte den Gläubigern gestern sein vorläufiges Sanierungskonzept vorstellen. Sie sollten es am Ende absegnen. Die Gläubiger dürften trotz der geplanten Firmensanierung einen Großteil ihres Kapitals verlieren.

Penzlin will das Kerngeschäft des Windparkbetreibers und 300 Arbeitsplätze von ehemals 450 erhalten. Nicht zum Kern gehörende Firmenteile (Ölmühle, Holzindustrie) sollen verkauft und damit Forderungen abgelöst werden. Dagegen wollte Rodbertus das Unternehmen als Ganzes erhalten. Mit einer Arbeitsgemeinschaft setzt er sich für eine "lebenswerte Zukunft von Prokon" ein.

Der Insolvenzverwalter hatte Rodbertus als Chef der Prokon Regenerative Energien GmbH Ende April fristlos entlassen. Er hielt ihm Pflichtwidrigkeiten u nd mangelnde Geschäftsführung vor. Anerkannte Jahresabschlüsse für 2012 und 2013 konnten noch nicht vorgelegt werden. Die Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt gegen Rodbertus unter anderem wegen Insolvenzverschleppung. In finanzielle Schieflage kam das Unternehmen, als etliche Gläubiger ihre Genussrechte kündigten und ihr Geld zurück haben wollten. Die Summe der gekündigten Genussrechte lag bei rund 400 Millionen Euro, das Unternehmen konnte dieses Geld aber nicht aufbringen. Das Drama um die Windenergie-Firma Prokon scheint in den letzten Akt einzutreten. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin hat Prokon-Gründer Carsten Rodbertus endgültig des Feldes verwiesen. Damit besteht die Chance, dass wenigstens ein Teil des Unternehmens gerettet wird, an dem sich die Genussrechte-Inhaber dann beteiligen können. So haben auch sie die Chance, wenigstens einen Teil ihres Geldes wiederzusehen. Das ist ein schwacher Trost, doch für andere Anleger vielleicht eine Lehre: Langfristige Projekte wie Windparks dürfen nicht mit kurzfristig abrufbarem Geld finanziert werden. Das kann eigentlich nur schiefgehen.

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