Heiß und bissig

Saarbrücken · Es ist halb neun, als plötzlich das Licht angeht. Zuschauer blicken verdutzt um sich, suchen nach der Ursache der Unterbrechung, ihre Gesichter sind vom Lachen gerötet.

Offenbar sei jemand kollabiert, informiert Volker Pispers. Es überrascht nicht, in dem bis auf den letzten Platz besetzten großen Saal der Saarbrücker Congresshalle herrschen Temperaturen wie in Omas Wohnstube. "Dass ich so eine Wirkung auf Frauen habe, war mir bisher unbekannt", frotzelt Pispers, nachdem er über das wiedererlangte Wohlbefinden der Dame informiert wurde.

Also Licht aus, Klimaanlage an und weiter im Programm von "...bis neulich", einer wilden Mischung aus alten und neuen Texten. Dabei wird keiner verschont, bleibt kein "Arschloch" des "Schweinesystems" unbedacht. Denn Kabarett ist der Ort, "an dem man sich die Kritik am eigenen Lebenswandel genauso folgenlos um die Ohren schlagen lässt wie in der Kirche". Der 55-jährige Pispers muss es wissen. Schließlich hat er im Zeitalter von kabellosen Schreibmaschinen und verkabelten Wählscheibentelefonen Theologie studiert - in ständiger Angst vor "dem Russen", der heute nicht mehr an der Tür klingelt, sondern Milchschnitte kauend über den Fernsehschirm flimmert, und eigentlich Ukrainer ist. Die Zeiten haben sich geändert: Taliban statt Russen, Hedgefonds statt Ablasshandel. Doch der medial inszenierte Ablenkungsschein trügt. In Wirklichkeit läuft alles wie immer: Wenige Reiche profitieren auf Kosten der Armen - damals wie heute. Pispers warnt davor, die Augen zu verschließen und den Versprechen der Politik zu glauben. Sein Appell: Wieder über tatsächliche Belange diskutieren, bevor es so dick kommt wie in den USA.

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