Harte Kritik an BonitätsnotenAthen verabschiedet Sparhaushalt Auch Förderbank KfW unter Rating-Druck

Berlin/Brüssel. Nach dem Rundumschlag der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) gegen die Eurozone werden die Rufe nach einer unabhängigen europäischen Konkurrenz zu den US-amerikanisch geprägten Noten-Verteilern immer lauter

Berlin/Brüssel. Nach dem Rundumschlag der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) gegen die Eurozone werden die Rufe nach einer unabhängigen europäischen Konkurrenz zu den US-amerikanisch geprägten Noten-Verteilern immer lauter. Diese Agenturen seien in der Euro-Schuldenkrise "nicht nur ein neutrales Fieberthermometer, sondern sie treiben das Fieber mit nach oben", sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Gerd Billen. Dies führe dazu, "dass demokratisch legitimierte Staaten von der Finanzindustrie vor sich hergetrieben werden". Billen forderte daher eine europäische Alternative zu den drei großen Anbietern S&P, Moody's und Fitch - eine Konkurrenz, "die unabhängig ist und verantwortlich handelt".Derweil warnte Standard & Poor's mehrere Großbanken, man werde eine Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit vornehmen. Unter anderem die Deutsche Bank und die Commerzbank würden mit einem negativen Ausblick bedacht, erklärte S&P gestern. In Frankreich sind mit BNP Paribas, BPCE, Crédit Agricole und Société Générale vier Geldinstitute betroffen. Auch der italienischen Bank UniCredit droht eine Herabstufung.

Im Gegenzug machte sich auch die bayerische Landesregierung für die Gründung einer europäischen Ratingagentur stark. "Wir wollen uns von dieser Abhängigkeit aus dem angelsächsischen Raum befreien", sagte CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer. Die Europäer müssten "so selbstbewusst sein, eigene Konsequenzen zu ziehen", betonte er. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) und Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) sprachen sich ebenfalls für eine europäische Ratingagentur aus. Als Sitz für eine europäische Ratingagentur schlug Söder Frankfurt vor, das auch Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) ist. Konkret arbeitet derzeit die Unternehmensberatung Roland Berger aus eigener Initiative an einem Agentur-Modell, das als privat finanzierte Stiftung organisiert werden soll. "Die Gespräche für ein Konsortium laufen", sagte eine Sprecherin. Als Starttermin sei Ende März 2012 angepeilt. Träger sollen rund 30 große europäische Finanzdienstleister sein, darunter Banken, Börsen und Fondsgesellschaften.

S&P hatte in den vergangenen Tagen das Rating der Euroländer, darunter auch Deutschland und alle anderen Staaten mit der Bestnote "AAA", unter verschärfte Beobachtung gestellt. Auch der Rettungsfonds EFSF könne seine Top-Bonität verlieren.

Kritisiert wurde der Zeitpunkt der Mitteilung wenige Tage vor einem weiteren Gipfel zur Euro-Rettung, doch die Finanzmärkte reagierten im Gegensatz zu früheren Ankündigungen von S&P, Moody's oder Fitch unaufgeregt. S&P-Europa-Chefanalyst Moritz Kraemer sagte, entscheidend für die weitere Entwicklung der Ratings sei, dass das Treffen der Staats- und Regierungschef der EU "glaubwürdige und solide Lösungen" bringe.

Die gewinnorientierten Ratingagenturen stehen seit der Finanzkrise 2008 in der Kritik, weil sie riskante Wertpapiere, in denen zum Beispiel faule Immobilienkredite gebündelt waren, teilweise mit Bestnoten bewertet hatten. In der Schuldenkrise basieren die Benotungen einzelner Länder oder Banken häufig auf schon bekannten Daten, lösen aber zum Veröffentlichungszeitpunkt erneute Verunsicherung aus.

Athen. Das griechische Parlament hat mit großer Mehrheit den Spar-Haushalt für 2012 verabschiedet. 258 der 299 Abgeordneten stimmten für den Etatentwurf der Übergangsregierung von Ministerpräsident Lucas Papademos. Kommende Woche soll in Athen über weitere Hilfskredite und die geplante Umschuldung für Griechenland verhandelt werden. Der Spar-Haushalt sieht vor allem weitere Steuererhöhungen, drastische Einsparungen im öffentlichen Dienst und raschere Privatisierungen vor. Es sollen zusätzliche Einnahmen von 4,5 Milliarden Euro fließen. afp

Frankfurt. Wenige Tage nach dem Rundumschlag gegen die Eurozone hat die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) die Bonität der staatlichen deutschen Förderbank KfW unter verschärfte Beobachtung gestellt. Damit ist das Top-Rating "AAA" der KfW bedroht, wie aus einer Mitteilung von S&P hervorgeht. Die Agentur begründete ihre Aktion mit der "kritischen Rolle" der Förderbank angesichts ihres öffentlichen Auftrags. Zudem verweist S&P auf die enge Verzahnung der KfW mit dem deutschen Staat, der darüber viele Programme abwickelt. dpa

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