Handel muss sich um Rohstoffe kümmern

Saarbrücken. Die Zeit des Überflusses, in denen Kleider oder Lebensmittel in Hülle und Fülle und zu geringen Preisen vorhanden sind, neigt sich dem Ende entgegen. Denn das Angebot wird durch die begrenzte weltweite Anbaufläche für die benötigten Rohstoffe kaum noch steigen. Die Nachfrage aus Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien wird hingegen zunehmen

Saarbrücken. Die Zeit des Überflusses, in denen Kleider oder Lebensmittel in Hülle und Fülle und zu geringen Preisen vorhanden sind, neigt sich dem Ende entgegen. Denn das Angebot wird durch die begrenzte weltweite Anbaufläche für die benötigten Rohstoffe kaum noch steigen. Die Nachfrage aus Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien wird hingegen zunehmen. Die Handelsunternehmen müssen sich daher bei der Beschaffung ihrer Produkte auf zunehmende weltweite Konkurrenz einstellen und neue Partnerschaften eingehen. Sie können ihre Lieferanten nicht mehr wie heute über den Preis gegeneinander ausspielen.Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, die das Institut für Handel und internationales Marketing (Hima) an der Universität des Saarlandes zusammen mit der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PwC) erstellt hat. "Handelskonzerne, die gegenüber dem Wettbewerb die Nase vorn haben wollen, müssen sich eine eigene Ressourcen-Beschaffung langfristig sichern", ist Professor Joachim Zentes (Foto: Institut), Leiter des Hima, überzeugt. "Wer eigene Rohstoffe hat, kann billiger anbieten oder sich einen höheren Ertrag sichern." Solche Unternehmen "können sich teilweise von den steigenden Weltmarktpreisen abkoppeln und sich dadurch einen strategischen Wettbewerbsvorteil sichern".

Zentes und die Autoren der Studie schlagen langfristige Kooperationen mit den Herstellern von Baumwolle, Früchten, Weizen, Kakao oder Kaffee vor. "Dazu gehören auch verlässliche Abnahme-Garantien", sagt der Saarbrücker Hochschullehrer. Man müsse den Bauern vor Ort außerdem bei Investitionen - zum Beispiel für eine Wasserversorgung oder Maschinen - helfen und für den reibungslosen Abtransport der Produkte sorgen. "Das hat nichts mit Entwicklungshilfe oder Dritte-Welt-Läden zu tun", verdeutlicht Zentes. "Hier geht es um eine langfristige Rohstoff-Sicherung." Kakao werde in vielen Teilen der Welt beispielsweise noch sehr traditionell angebaut und weiterverarbeitet. Durch unsachgemäße Lagerung drohten oft Qualitätseinbußen oder der Totalverlust der Ernte. Hier könne der Einsatz moderner Technik, die von den Handelsunternehmen zur Verfügung gestellt werden kann, den Ernte-Ertrag spürbar steigern.

Bislang ist das Risikobewusstsein für Schwierigkeiten auf der Beschaffungsseite "bei vielen Handelsunternehmen kaum ausgeprägt", haben Zentes und die Autoren der Studie festgestellt. "Die wenigsten haben hier schon konkrete Schritte eingeleitet."

Ein Trend ist jedoch spürbar: Der Handel setzt verstärkt auf Eigenmarken, wie die Autoren der Studie auf Basis einer Umfrage herausgefunden haben. "Die Unternehmen wollen stärkeren Einfluss auf die Produktentwicklung nehmen." Man achte beispielsweise vermehrt darauf, dass Kinderarbeit verboten wird und sich die Arbeitsbedingungen in den Fabriken verbessern. Zertifikate sollen sicherstellen, dass diese Maßnahmen auch transparent umgesetzt werden.

Meinung

Die Welt wird neu verteilt

Von SZ-RedakteurLothar Warscheid

Die Versorgung der Verbraucher mit Produkten aus aller Welt wird dauerhaft nicht mehr so funktionieren, dass sich schon jemand findet, der die gewünschten Produkte erzeugt und verkauft. Alles nur eine Frage des Preises. Wer so blauäugig ist, für den dürfte irgendwann das große Erwachen kommen. Der "Land grab", der Kauf oder das Pachten von Ackerflächen durch Staaten oder private Eigentümer in großem Stil, hat schon längst eingesetzt. Vor allem Südkorea, China und Saudi Arabien haben hier die Nase vorn. Ob dieses neue Junkertum den Staaten auf Dauer Vorteile bringt, darf bezweifelt werden. Partnerschaften mit den Erzeugern vor Ort ist der bessere Weg.

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