Halberg Guss am Scheideweg

Saarbrücken. Es war eine faustdicke Überraschung, die die Herren aus Brasilien am Mittwochabend dem erstaunten Management und dem Betriebsrat der Saarbrücker Gießerei präsentierten

Saarbrücken. Es war eine faustdicke Überraschung, die die Herren aus Brasilien am Mittwochabend dem erstaunten Management und dem Betriebsrat der Saarbrücker Gießerei präsentierten. Die Produktion von Motorblöcken, Zylinderköpfen und Kurbelwellen im Saarbrücker Stadtteil Brebach sollte innerhalb von 18 Monaten geschlossen werden, falls der brasilianische Gießerei-Konzern Tupy die Firmengruppe Halberg Guss aus der Insolvenz heraus übernehmen könnte. "Wir hatten uns gefreut, dass ein ernsthafter Investor endlich einmal sein Konzept erklären wollte - und dann das", kann der Betriebsratsvorsitzende Mahmut Celik seine Enttäuschung kaum verbergen. Andere InteressentenDie Nachricht der beabsichtigten Schließung erreichte in Windeseile die Männer der Mittagsschicht in den Werkhallen. Sie legten spontan die Arbeit nieder und zogen vor das Verwaltungsgebäude, wo die Brasilianer (Vorstandsvorsitzender und Finanzchef) kurz zuvor ihre Pläne dargelegt hatten. "Manche machten ihrem Ärger richtig Luft", berichtet Celik. Man habe kurzzeitig um die Sicherheit der Tupy-Manager gefürchtet. Doch es ging alles gut. Nach den Plänen von Tupy sollten die Gießerei in Leipzig und die beiden Fabriken in Südafrika, die Halberg Guss vor drei Jahren gekauft hatte, die Saarbrücker Produktion übernehmen. Betroffen von der Schließung wären rund 1000 Arbeitsplätze in der Landeshauptstadt. Für Wirtschaftsminister Christoph Hartmann (FDP) ist das "alles andere als eine befriedigende Situation". Er sprach gestern Morgen mit dem Betriebsrat und den Insolvenzverwaltern Franz Abel (St. Ingbert) und Michael Blank (Völklingen). "Wir setzen alles daran, dass der Standort Brebach erhalten bleibt", sagte er nach dem Gespräch. Er verweist darauf, dass "es noch andere Interessenten für die Gießerei-Gruppe gibt". Die Insolvenzverwalter erklärten, dass nun "die Gespräche mit anderen vorhandenen Erwerbs-Interessenten fortgesetzt werden". Man halte allerdings auch weiter "die Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens für möglich - bei entsprechender Kundenakzeptanz". Dies bedeutet, dass der Betrieb innerhalb der Insolvenz so saniert wird, dass er dauerhaft schwarze Zahlen schreibt. Die Gläubiger müssten auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Als neue Eigentümer kämen unter anderem die früheren Eigner Joachim Braun und Aloys Diesinger in Frage. Beide sind nach wie vor in das Tagesgeschäft eingebunden. Denkbar ist allerdings auch eine Stiftungslösung, in die sich auch das Land einbringen könnte.Denn die Zahl der Interessenten ist rar. In Deutschland gib es nur zwei Gießereien mit einer ähnlichen Produktionsstruktur: Das Eisenwerk Brühl und die Fritz Winter Eisengießerei im hessischen Stadtallendorf. Käme das Eisenwerk Brühl zum Zug, hätten die deutschen Autohersteller nur noch zwei Lieferanten. Dort geht die Furcht um, dass die beiden dann verbleibenden Gießereien ihre Marktmacht ausnutzen und die Konditionen diktieren. Insider sehen daher auch Chancen für eine eigenständige Halberg-Guss-Gruppe nach dem Ende der Insolvenz. In der Gläubigerversammlung sitzen zudem Vertreter wichtiger Kunden - wie zum Beispiel von VW und Mercedes. Meinung

Chance für Halberg Guss

Von SZ-RedakteurLothar Warscheid Dass es nicht einfach werden würde, die insolvente Gießerei-Gruppe Halberg Guss zu verkaufen, war den Insolvenzverwaltern von Anfang an bewusst. Denn die Pleite erwischte die Saarbrücker inmitten der schwersten Krise der Automobilindustrie. Auf der anderen Seite sind Gießereien, die die Autofirmen mit Motorblöcken, Zylinderköpfen oder Kurbelwellen versorgen, rar gesät. VW, Mercedes & Co. sind auf diese Gießereien angewiesen, können sie nicht einfach austauschen wie die Produzenten von Reifen oder Blechen, zumal in vielen Motoren sehr viel gemeinsame Entwicklungsarbeit steckt. Diese Symbiose ist auch die Chance von Halberg Guss - aber nur, wenn dauerhaft Gewinne fließen.

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