„Gut, dass ich mich ein wenig austoben konnte“

In seinem Film „Als wir träumten“ erzählt Andreas Dresen („Sommer vorm Balkon“) von vier jugendlichen Freunden in der Nach-Wendezeit. Sie betreiben einen Underground-Club und drohen dabei immer wieder zu scheitern. SZ-Mitarbeiter Martin Schwickert hat mit Dresen gesprochen.

Clemens Meyer, der die Romanvorlage zu "Als wir träumten" geschrieben hat, gehört einer jüngeren Generation an. Welchen neuen Blick hat Ihnen der Roman auf die Nach-Wende-Zeit gegeben?

Dresen: Ich habe diese Zeit komplett anders erlebt. Ich war damals Ende 20, und für mich war das eine Zeit großer Verwirrung. Von der Krankenversicherung bis zur Steuererklärung hat sich damals alles umgekrempelt. Ich habe die Hälfte der 90er mit lebenspraktischen Erwägungen zugebracht - so wie unendlich viele Erwachsene im Osten damals, die deshalb auch nicht da waren für die Probleme der Jugendlichen. Die Jungs, von denen der Film erzählt, bewegen sich ja in einem gesellschaftlichen Vakuum. Die alten Regeln gelten nicht mehr, die neuen noch nicht. Sie haben diesen Freiraum und versuchen die Grenzen der Gesellschaft soweit wie möglich auszureizen.

Die Nach-Wende-Zeit wird meistens in Form von depressiven Dramen behandelt. In diesem Film erscheint Leipzig Anfang der Neunziger wie ein großer Abenteuerspielplatz.

Dresen: Am Roman hat mich fasziniert, dass er ideologiefrei daherkommt. Dass es nicht um Stasi-Verwicklung geht, sondern um eine Generation, die diese Zeit als Chance begreift und die Gesellschaft herausfordert.

Das Thema rechte Gewalt findet hier eher spielerisch statt.

Dresen: So eine Zeit der Verunsicherung führt dazu, dass sich Jugendliche in Gruppen zusammentun. Die rechten Schläger im Film sind keine wirklichen Nazis. Sie tragen nicht die Ideologie, sondern nur die Attitüde vor sich her: Springerstiefel, Bomberjacken, Glatze. Die richtigen Nazis kamen erst später, als rechte Organisationen wie die NPD diese Gruppen benutzt haben.

Bietet dieses wilde Sujet für Sie als Filmemacher auch die Möglichkeit aus eigenen eingefahrenen Strukturen auszubrechen?

Dresen: Ich fand es gut, dass ich mich als Regisseur ein wenig austoben und mal einen Boxkampf, eine Verfolgungsjagd oder eine große Tanzszene inszenieren konnte. Ich hatte oft das Gefühl, dass meine Filme zu brav sind für den Zustand der Welt.

"Als wir träumten" läuft ab morgen in der Camera Zwo (Sb). Kritik morgen im treff.region.

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