Grüne Weltwirtschaft noch in weiter Ferne

München. Der Weg zu einer grünen Weltwirtschaft ist noch weit. Das belegt eine Analyse der Münchner Öko-Ratingagentur Oekom. Jedes Jahr erstellt sie einen Bericht zu nachhaltiger Unternehmensführung, der mittlerweile global gut 3100 Firmen umfasst

München. Der Weg zu einer grünen Weltwirtschaft ist noch weit. Das belegt eine Analyse der Münchner Öko-Ratingagentur Oekom. Jedes Jahr erstellt sie einen Bericht zu nachhaltiger Unternehmensführung, der mittlerweile global gut 3100 Firmen umfasst. Obwohl "grün" und "nachhaltig" Attribute sind, mit denen sich Unternehmen gerne schmücken, stagniert das entsprechende Engagement in letzter Zeit eher, bilanziert Oekom-Vorstand Matthias Bönning.Die Anzahl der Konzerne, denen Oekom in Sachen Nachhaltigkeitsmanagement einen Mindeststandard bescheinigt, hat 2011 im Jahresvergleich stagniert. "Über 57 Prozent der von uns bewerteten Unternehmen sind bisher kaum oder gar nicht aktiv", stellt Bönning klar. Ein Viertel zeige gute erste Nachhaltigkeitsansätze, 17 Prozent seien vorzeigbar. Ähnlich wie traditionelle Ratingagenturen vergibt Oekom Noten von A+ bis D-. Selbst die nachhaltigsten Unternehmen erreichen nur ein B+ . Kriterien sind unter anderem, wie kohlenstoffarm, rohstoffeffizient und sozial gerecht gewirtschaftet wird. Im Ländervergleich steht Deutschland an der Spitze. Immerhin die Hälfte aller 48 hier zu Lande untersuchten Firmen erfüllt die Oekom-Mindeststandards. Dazu zählen mit der Hypovereinsbank (Kreditinstitute), BASF (Chemie) und Henkel (Haushaltsprodukte) immerhin drei Branchensieger. "Um das Ziel einer grünen Wirtschaft zu erreichen, müssen die Anstrengungen deutlich intensiviert werden", stellt Bönning klar.

Er und seine Kollegen sehen sich nicht als Ökoromantiker. Nachhaltigkeitskriterien gelten heute als Indiz für höhere Rendite und weniger Anlagerisiko. So hat die zu Allianz Global Investors zählende Vermögensverwaltung RCM über fünf Jahre hinweg der Nachhaltigkeit verpflichtete Portfolien untersucht und für sie um 1,6 Prozent per annum höhere Gewinne ermittelt.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommen die Harvard Business School und London School of Business. Ein 1993 in ein nachhaltiges Unternehmen investierter US-Dollar hat sich demnach bis Ende 2010 auf 22,60 Dollar vermehrt. Bei einem Unternehmen mit einer schlechten Nachhaltigkeitsleistung sind es jedoch nur 15,40 Dollar geworden.

Meinung

Manches selbstverständlich

Von SZ-RedakteurLothar Warscheid

Kriterien wie ökologisches Wirtschaften oder Nachhaltigkeit sind bei Verbrauchern oder Unternehmen groß in Mode. Man sollte hier aber Vorsicht walten lassen, denn manches, was der wohlsituierte Gutmensch unter nachhaltig versteht, ist unternehmerisches Allgemeingut. Eigentlich kann es sich allein schon wegen der Kosten keine Firma leisten, mit Rohstoffen oder Energie verschwenderisch umzugehen. Dass Ressourcen ein knappes Gut sind und diese Knappheit sich in Preisen ausdrückt, lernt jeder Student der Volkswirtschaftslehre im ersten Semester. Auf Nachhaltigkeits-Kriterien wie höhere soziale Standards oder bessere Arbeitsbedingungen sollte man als Kunde allerdings pochen. Dann muss man sich aber auch vom T-Shirt für 1,50 Euro verabschieden.

Hintergrund

Die Nachhaltigkeits-Ratingagentur Oekom gilt als europaweit führend und besonders kritisch. Wenn sie Unternehmen bewertet, legt sie mehrere Kriterien zu Grunde. Dazu zählen neben ausgewiesenen Nachhaltigkeitsstrategien auch soziale Standards wie Arbeitsbedingungen, Umweltverstöße oder Wettbewerbsbehinderungen. Nachhaltigkeitsratings sind zu einem wichtigen Anlagekriterium geworden. Allerdings stagniert in letzter Zeit das Angebot an Publikumsfonds mit derartigen Firmenportfolios. tmh

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