Grüne schärfen d en Blick beim Grubenwasser

Saarbrücken · Was sich unter der Erdoberfläche abspielt, entzieht sich nicht nur den Blicken, sondern oft auch dem Interesse. Dabei könnte es fatal sein wegzuschauen: Die vom Bergbaukonzern RAG geplante Flutung aller aufgegebenen Gruben im Saarland birgt Risiken, die bislang unabsehbar sind. Die Grünen erzwingen mit dem von ihnen veranlassten Grubenwasser-Untersuchungsausschuss im Landtag, der heute wieder tagt, den Blick von Politik und Öffentlichkeit auf das Thema. Das ist ein unzweifelhaftes Verdienst.

Doch natürlich ist die Partei von Landeschef Hubert Ulrich nicht blind für politisches Kalkül. Ein U-Ausschuss soll politische Verantwortlichkeiten klären. Es liegt nahe, dass Parteien dies mitunter zu taktischen Spielchen nutzen. Der Vorwurf der Grünen gegen den heutigen Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD ), dieser habe im Jahr 2013 als saarländischer Wirtschaftsminister den ersten Schritt zur kompletten Flutung der stillgelegten Bergwerke im Saarland genehmigt, scheint aber vor allem eben diesen Hintergrund zu haben: politisches Kalkül. Denn genehmigt hat Maas (mit dem Wissen von CDU-Regierungschefin Kramp-Karrenbauer) zwar einen deutlichen Anstieg des Grubenwassers in den stillgelegten Abbau-Feldern Primsmulde und Dilsburg bis auf 400 Meter unter Normalnull. Aber Maas (und Kramp-Karrenbauer) damit eine Mitverantwortung für eine komplette (und bis heute nicht genehmigte) Grubenflutung zu unterstellen, ist schon arg konstruiert. Das ist so, als wollte man denjenigen, der ein Glas halb voll gießt, auch für ein später veranlasstes Überlaufen haftbar machen - weil er ja den Weg dafür bereitet habe . . .

Seine eigentliche Sprengkraft wird der U-Ausschuss erst noch entfalten. Dann nämlich, wenn die Frage nach den Umweltauswirkungen der Grubenflutungen auf den Tisch kommt. Zwar hat die Landesregierung angekündigt, dass sie die Komplettflutung nur genehmigt, wenn Umweltgefahren ausgeschlossen werden können. Nur: Wie soll das gehen, wenn selbst die RAG nicht weiß, welche Mengen von krebserregendem PCB und anderen Giftstoffen unter Tage lagern? Polychlorierte Biphenyle (kurz: PCB) zählen zu den zwölf als "dreckiges Dutzend" bekannten organischen Giftstoffen. Nach einem Bericht des Landesamts für Umwelt- und Arbeitsschutz von 2015 überschritt die PCB-Belastung des Grubenwassers in Reden zuletzt den zulässigen Grenzwert um das Zehnfache.

Würde die in zwei Schritten geplante Grubenflutung genehmigt, liefe das Wasser bei 380 Meter unter Null zunächst über Querverbindungen vom Bergwerk Saar und der Grube Dilsburg in die Gruben Göttelborn und Reden. In einem zweiten Schritt würden bei einem weiteren Anstieg auch die Gruben der ehemaligen Bergwerke Camp hausen, Viktoria und Luisenthal über Querverbindungen volllaufen und das Grubenwasser bei 190 Metern über Null in die Saar fließen. Was dann alles mit dem Wasser aus der Tiefe nach oben käme und das Trinkwasser belasten könnte, vermag derzeit niemand zu sagen. Man muss der Landesregierung gar nicht unterstellen, dass sie fahrlässig mit der Flutungsproblematik umgegangen wäre, aber nicht zuletzt dank der Grünen schaut man jetzt ganz genau hin. Getreu dem Motto: Wenn man die Augen nicht gebraucht, um zu sehen, braucht man sie am Ende, um zu weinen.

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