Großreinemachen

Es ist eine gesunde Erneuerung, die da in Frankreich im Gange ist. François Hollande verlässt ebenso die Bühne wie Nicolas Sarkozy . Die alten Gegenspieler von 2012 werden bei den Wahlen im nächsten Jahr nicht mehr antreten. Nach mehr als 30 Jahren in der Politik gehen Präsident und Ex-Präsident aufs Altenteil. Ebenso wie der 71-jährige Alain Juppé , der die Vorwahl der Konservativen verlor.

Die überraschenden Entwicklungen der vergangenen Tage machen den Weg frei für andere Kandidaten, die unverbrauchter sind. Bei den Sozialisten läuft sich nach dem Verzicht des Präsidenten nun Regie rungs chef Manuel Valls warm, bei den Konservativen steht der frühere Premier François Fillon als Bewerber bereits fest. Sicher, auch diese beiden sind in der französischen Politik keine Unbekannten. Gerade Fillon steht mit seinen 62 Jahren nicht für einen Generationenwechsel. Doch das neue Szenario zeigt, dass Veränderungen möglich sind.

Das bringt unversehens die Chefin des Front National , Marine Le Pen , in Erklärungsnöte: Sie ist als Einzige aus der Kandidatenriege von 2012 übrig geblieben. Die Rechtspopulistin, die stets gegen das System wettert, ist ein dauerhafter Bestandteil davon. Zusammen mit ihrem Vater Jean-Marie kommt der Clan auf sieben Präsidentschaftskandidaturen. Le Pen ist auch die Einzige, die in ihrer Partei keine Vorwahlen abhält. Dass die Wähler aber gerade diese Form der Mitsprache schätzen, zeigte die starke Beteiligung an den Vorwahlen der Konservativen. So wird der Front National mit seiner Familiendynastie zur altmodischen Partei, während sich ausgerechnet die traditionellen Kräfte, Sozialisten und Konservative, nach dem Willen ihrer Wähler verändern.

Für die regierenden Sozialisten geht es bei dieser Erneuerung um alles oder nichts. Die Partei kann in der Bedeutungslosigkeit verschwinden, wenn sie sich nicht auf einen starken Kandidaten einigt. Valls wäre so einer. Aber anders als Hollande ist er nicht um Ausgleich bemüht. Der 54-Jährige steht für klare Kante. Doch ob er sich mit seinem sozialdemokratischen Kurs bei den Wählern durchsetzen kann, ist noch fraglich. Die Konservativen stimmten überraschend für einen Kandidaten, der einen klassisch rechten Kurs fährt - die Sozialisten könnten darauf mit einem klar links positionierten Bewerber reagieren.

Vielleicht sind die alten Lager aber auch obsolet geworden. Dann hätte ein unabhängiger Kandidat wie der junge Ex-Minister Emmanuel Macron, der die "Fortschrittlichen" beider Seiten zusammenbringen will, eine Chance. Nachdem es monatelang nach einem Duell Hollande-Sarkozy aussah, ist der Wahlkampf in Frankreich jetzt wieder spannend geworden. Für die Demokratie ist das eine wirklich gute Nachricht.

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