Große Bühne für einen politischen "Zombie"

Düsseldorf. Spötter sprechen von einem "Steuer-Zombie". Von einem "Untoten des Fiskalstaates", der immer wieder zum Leben erwacht - und schnell verschwindet, sobald die Debatte über Extra-Abgaben für Reiche erlahmt. Gemeint ist die Vermögensteuer. Offiziell wurde sie nie abgeschafft. Sie wird seit 1997 nur nicht mehr erhoben

Düsseldorf. Spötter sprechen von einem "Steuer-Zombie". Von einem "Untoten des Fiskalstaates", der immer wieder zum Leben erwacht - und schnell verschwindet, sobald die Debatte über Extra-Abgaben für Reiche erlahmt. Gemeint ist die Vermögensteuer. Offiziell wurde sie nie abgeschafft. Sie wird seit 1997 nur nicht mehr erhoben.SPD, Grüne und Linke wollen der umstrittenen Steuer zu einem Comeback verhelfen, wenn auch unter sehr unterschiedlichen Vorzeichen. Einig sind sie im Ziel, private Vermögen künftig mehr zu belasten - und der jüngst bekannt gewordene Entwurf des Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung ist Wasser auf ihre Mühlen. Über die Hälfte des Gesamtvermögens liegt demnach heute in den Händen des reichsten Zehntels der Bevölkerung. Und jenseits aller Interpretations-Spielräume zeigen die Daten: Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter.

Kein Wunder, dass die Opposition immer lauter fordert, Wohlhabende wieder mehr zur Kasse zu bitten. Gemeinsam mit Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Sozialverbänden, Globalisierungskritikern und zahlreichen Initiativen wollen sie heute Zehntausende auf die Straßen bringen. "Umfairteilen" nennt sich das Bündnis, das hinter dem Aktionstag steht. Zentrale Forderungen sind die Bekämpfung von Steuerflucht und die stärkere Belastung von Wohlhabenden - unter anderem durch die Rückkehr zur Vermögensteuer.

1995 hatte das Bundesverfassungsgericht die Steuer, die den Bundesländern zusteht, als verfassungswidrig eingestuft. Nicht etwa deshalb, weil die Besteuerung von Kapitalvermögen generell gegen das Grundgesetz verstieße. Die Richter nahmen vielmehr Anstoß an der Form, wie das geschah: Im Vermögensteuergesetz von 1990 waren Immobilienwerte gegenüber anderem Kapitalvermögen günstiger gestellt. Die Unterschiede bei der Bewertung etwa von Wertpapieren gegenüber Häusern oder Grundbesitz waren so groß, dass das Gericht den Gleichheitsgrundsatz eklatant verletzt sah.

In der Folge wurde die Steuer nicht mehr erhoben, die Länder büßten viel Geld ein: 1996 hatte die Vermögensteuer umgerechnet rund 4,6 Milliarden Euro in ihre Kassen gespült. Heute würde ein Steuersatz von einem Prozent - ab einem Freibetrag von einer Million Euro - pro Jahr geschätzte 14 Milliarden Euro an Zusatzeinnahmen bringen. Es wäre knapp die Hälfte jener Summe, die der Bund im Entwurf seines nächsten Haushalts für Zinsausgaben vorsieht (33,3 Milliarden).

Doch die Wiederbelebung der Steuer ist rechtlich heikel. Bis heute hat es der Staat nicht geschafft, die Hürden des Bundesverfassungsgerichts von 1995 zu überwinden. Es gibt keine tragfähigen und vor allem flächendeckenden Grundbesitz-Werte, ganz zu schweigen vom Verkehrswert anderen Vermögens von der Beteiligung an Firmen über Kunstwerke bis hin zur Jacht im Mittelmeer. Folglich ließe sich die vom Gericht eingeforderte gleichmäßige Besteuerung auf die Schnelle gar nicht realisieren.

Das "Bündnis Umfairteilen" sieht das anders und verweist auf aktuelle und praktikable Maßstäbe, die für die Reform der Erbschaftsteuer entwickelt worden seien. Sie ermöglichten eine gleichmäßige Bewertung der verschiedenen Vermögensarten, einem Comeback der Vermögensteuer stehe also rechtlich nichts mehr im Wege. Erforderlich sei lediglich ein Beschluss von Bundestag und Bundesrat - ein neuer Lebenshauch für die Untote.

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