Grace Kelly aus dem Kühlschrank

Cannes · Müde war der Applaus nach dem Eröffnungsfilm des Festivals von Cannes: „Grace of Monaco“ mit Nicole Kidman als Gracia Patricia. Die monegassische Adelsfamilie hatte zuvor ihr Missvergnügen bekundet. Heute beginnt eine Nebenreihe mit einem Film, der unter anderem in Saarbrücken und Völklingen entstanden ist: „Partygirl“.

Eigentlich wohnt die Fürstenfamilie gerade mal einen Katzensprung entfernt. Doch Albert und Anhang sparten sich gestern den Weg von Monaco ins 50 Kilometer entfernte Cannes - und boykottierten die Zeremonie auf dem roten Teppich der 67. Internationalen Filmfestspiele, die mit einer Spielfilm-Weltpremiere über ein Stück monegassischer Geschichte begann: "Grace of Monaco" mit Nicole Kidman als Gracia Patricia und Tim Roth als Rainier III. Schon vorab distanzierte sich das Fürstenhaus öffentlich von diesem Filmprojekt und sprach von einer Verdrehung der Tatsachen zu kommerziellen Zwecken. Der französische Regisseur Olivier Dahan ("La vie en rose") hingegen sprach von einer Fiktionalisierung, um zur Wahrheit der Geschichte vorzudringen. "Ich sehe den Film auch nicht als Bio-Pic, sondern als Porträt", erklärte er in Cannes. "Der Film hat allerdings mehrere Schichten und sollte gleichsam komplex und zugänglich sein."

Und Kidman? Die macht die Reaktion der Adelsfamilie etwas traurig. "Der Film will Grace und der Familie nichts Böses", sagte die porzellanpuppenhafte Schauspielerin, die unter anderem mit Roth zur Pressekonferenz kam und dort vom spärlichen Beifall immerhin noch den meisten bekam. "Wenn die Familie den Film sähe, würde sie feststellen, dass er mit viel Liebe gemacht ist."

Monaco vor der Pleite

Stein des Anstoßes sind nicht einmal die Spekulationen um den Tod Gracia Patricias, die 1982 bei einem Verkehrsunfall starb. Einen so weiten Bogen spannt der Film gar nicht, sondern zeichnet ab Dezember 1961 ein entscheidendes Jahr nach: ein Jahr, in dem nicht nur das Fürstentum in einer Krise steckt, weil es kurz vor der Pleite steht und wegen der Steuerfreiheit im Clinch mit Frankreich liegt. Auch die junge Fürstin leidet, denn sie findet schwer hinein in das adlige Leben nach höfischem Protokoll. Daher überlegt sie auch, nach Hollywood zurückzukehren, um Alfred Hitchcocks Angebot anzunehmen und in "Marnie" mitzuspielen. Anders als Kidman, die nie wirklich in ihre Filmrolle findet, wächst Gracia Patricia im Laufe der Verwicklungen in den Part der First Lady hinein. Auf einem Ball in Monte Carlo rettet sie durch eine flammende Rede vor Charles de Gaulle das bedrohte Fürstentum quasi im Alleingang.

Eigentlich liegt "Grace of Monaco" ein Stoff zugrunde, der große Leinwand-Gefühle verspricht: Adel, Glamour, Drama und Persönlichkeiten wie Maria Callas oder Aristoteles Onassis. Doch all diese Figuren bleiben blass, während der Film selbst so unterkühlt wirkt wie seine Hauptdarstellerin. Dass sich Dahan mitunter auf Hollywood-Dramaturgie zugespitzte Fiktionalisierungsfreiheiten nimmt und seine Version der Grace-Kelly-Geschichte erzählt, fällt da kaum noch ins Gewicht. Selbst Kidman fiel in Cannes bei der Frage nach fünf Gründen, den Film zu sehen, nicht einer ein.

Schneller war sie mit der Antwort, welche Auszeichnung sie als Ex-Festival-Jurorin dem außer Konkurrenz gezeigten "Grace of Monaco" gäbe: "Come on, die Goldene Palme." Die Chance darauf haben allerdings 18 andere Beiträge, über die die neunköpfige Jury unter Vorsitz von Jane Campion entscheidet. Nach harter Arbeit klingt ihre Ankündigung nicht: Drei Mal werden die Juroren während des Festivals zusammensitzen und über die Wettbewerbsfilme diskutieren. Campion: "Jeder hat die Verantwortung für sich selbst und muss einfach nur die Filme sehen." Mit "Partygirl" hat heute in Cannes ein Film Premiere, der zu großen Teilen im Saarland entstand. Die gemeinsame Regie-Arbeit von Marie Amachoukeli, Claire Burger and Samuel Theis eröffnet die renommierte Reihe "Un certain regard". Die französische Produktion erzählt von einer Hostess (Sonia Theis-Litzemburger), die sich mit Ende 50 aus dem Nachtleben an der saarländisch-französischen Grenze zurückziehen will.

Die Saarland Film GmbH war beim Finden der saarländischen Drehorte behilflich: Das 30-köpfige Filmteam drehte unter anderem in Völklingen und im Saarbrücker Nachtclub "Cabaret Eve".

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