"Geistiges Eigentum ist Existenzgrundlage"

Wie ist es denn nach Meinung der GEMA derzeit um das Urheberrecht bestellt?Heker: Nicht gut. Wir erleben eine gesellschaftliche und rechtliche Entwicklung, die dazu tendiert, den Wert des geistigen Eigentums zu missachten, möglicherweise sogar das Urheberrecht ganz abzuschaffen. Worauf beziehen Sie das konkret? Heker: Auf den Umgang mit dem Internet

Wie ist es denn nach Meinung der GEMA derzeit um das Urheberrecht bestellt?Heker: Nicht gut. Wir erleben eine gesellschaftliche und rechtliche Entwicklung, die dazu tendiert, den Wert des geistigen Eigentums zu missachten, möglicherweise sogar das Urheberrecht ganz abzuschaffen. Worauf beziehen Sie das konkret?Heker: Auf den Umgang mit dem Internet. Und die Gewöhnung der Nutzer daran, sämtliche Inhalte kostenlos nutzen zu können. Die Politik hat bisher nicht genug unternommen, um dieser Entwicklung entgegenzutreten und darauf hinzuweisen, dass der Wert des geistigen Eigentums eine der Existenzgrundlagen unserer modernen Industriegesellschaft ist. Auch die Musikindustrie gibt heute dem Internet die Schuld, doch die hat früher auch schon Alarm geschlagen und die Einführung der Leerkassette als große Gefahr dargestellt. Wie sehr ist das Problem hausgemacht -und was hätten striktere Urheberrechtsgesetze verhindern können?Heker: Die Behauptung, die Musikindustrie sei selbst schuld, kann ich nicht kommentieren, weil ich eine völlig andere Auffassung habe. Ich möchte denjenigen sehen, der in der Lage ist, einem Geschäftsmodell, bei dem derselbe Inhalt nichts kostet, ein wie auch immer geartetes Bezahlmodell entgegenzusetzen. Das ist sehr, sehr schwierig. Der Musikindustrie vorzuwerfen, sie habe nicht genug nachgedacht, greift zu kurz, da wir ja sehen, wie es nach und nach auch andere Medienbereiche - seien es Zeitschriftenverleger, die Filmindustrie oder die Buchindustrie - sehr, sehr schwer haben, einem Konkurrenzmodell, das am Markt mit Nullpreisen operieren kann, etwas Wirksames entgegenzusetzen. Da kann nur der Gesetzgeber für Abhilfe sorgen. In einem Interview sagten Sie, dass es noch keine funktionierenden Geschäftsmodelle gibt, mit denen sich dieser Trend im Internet umdrehen ließe. Woran liegt das?Heker: Das liegt daran, dass sich die, die mit dem Internet Geld verdienen - nämlich die großen Netzbetreiber - weitgehend weigern, für die Inhalte, die sie auf ihren Plattformen bereit stellen, angemessen zu bezahlen.Wie sähe ein funktionierendes Geschäftsmodell im Internet aus?Heker: Betreiber von solchen Onlineplattformen müssten zur Zahlung einer angemessenen Vergütung verpflichtet werden - an die, die ihr geistiges Eigentum online zur Verfügung stellen. Was halten Sie von einer Kulturflatrate, bei der die Nutzung urheberrechtlich geschützter Musik durch einen Pauschalbetrag abgegolten werden soll? Heker: Gar nichts. Das wäre der Offenbarungseid unserer Gesellschaft, wenn zukünftig mit einer Flatrate wie die der GEZ-Gebühr alle Kreativität in diesem Land abgegolten werden soll.

HintergrundDie Gema (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) vertritt die Urheberrechte von Komponisten, Textautoren und Musikverlegern. 2009 schüttete sie 13 Millionen Euro Tantiemen an ihre Mitglieder aus. red

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