Gegenwind für den Bahnchef

Frankfurt · Stürme, Hochwasser, Konjunkturschwächen – vieles hat Bahnchef Rüdiger Grube im vergangenen Jahr das Leben schwer gemacht. An seinen großen Zielen hält er trotzdem fest.

Die Augen verkniffen zu einem Blinzeln, das weiße Haar stramm zurück - Rüdiger Grube sieht aus wie einer, dem der Wind ins Gesicht bläst. 160 Meter über dem Frankfurter Bankenviertel präsentiert der 62-Jährige das schwächste Jahresergebnis der Deutschen Bahn seit acht Jahren. Es sackte um 55,5 Prozent auf 649 Millionen Euro ab. Davon überweist die Bahn 200 Millionen Euro an den Bund, dessen Dividende damit 350 Millionen Euro geringer ausfällt als im Vorjahr. "Vor allem das Wetter hat uns 2013 in wahrsten Sinne des Wortes nasskalt erwischt", begründete der Konzernchef die Zahlen. Stürme und das Elbe-Hochwasser hätten Schäden in dreistelliger Millionenhöhe verursacht.

Grube hat mehr zu kämpfen denn je. Das liegt auch an seinen ehrgeizigen Zielen: 20 Prozent weniger Kohlendioxid-Ausstoß, unter die Top 10 der deutschen Arbeitgeber kommen, 70 Milliarden Euro Umsatz. "Es besteht überhaupt kein Grund, diese Ziele zurückzunehmen", sagt er. Besonders am Umsatzziel werden aber Zweifel laut. Denn mit 39 Milliarden ist der bundeseigene Konzern 2013 auf der Stelle getreten. Bis zur Marke von 54 Milliarden will es Grube in sieben Jahren im Bestand schaffen, die restliche Strecke bis 70 Milliarden soll der Konzern durch Zukäufe zurücklegen. Wie das genau gelingen soll, bleibt diffus. In Europa und weltweit wolle man wachsen, sagt Grube, und verweist auf die Tochter Arriva mit Bussen und Regionalzügen im Ausland sowie auf die Logistiksparte - auch wenn die 2013 wegen der europäischen Konjunkturschwäche wenig Freude machte.

"Wir machen das, was wir immer gemacht haben, wenn der Wind mal von vorne kam", sagt Finanzchef Richard Lutz. "Wir krempeln die Ärmel hoch." Die Nahziele für 2014 nehmen sich da vergleichsweise bescheiden aus: Mehr Umsatz - ja, und auch mehr Gewinn. Aber bei einem angestrebten Jahresergebnis von 1,1 Milliarden Euro bleibt noch viel Luft bis zum 1,7-Milliarden-Rekord von 2007. Außerdem will Lutz den Schuldenberg möglicherweise im gleichen Maße erhöhen.

Grube spürt den Gegenwind: Die umstrittene Berufung Roland Pofallas - bis vor kurzem noch Kanzleramtschef - zum Cheflobbyisten ist zwar auf den Weg gebracht, wird aber weiter für Kritik sorgen. Dass Grube jetzt entnervt von öffentlichen Debatten eine schon vereinbarte Gehaltserhöhung ausschlug, zeigt, dass sein Wirken unter verschärfter Beobachtung steht.

Auch bis zum Ziel Top-Arbeitgeber ist der Weg noch weit. Viele Beschäftigte fühlen sich nach einer Konzernumfrage schlecht informiert und nicht ausreichend eingebunden. Überstundenberge sind keine gute Werbung und umfangreiche Absicherungen, wie zuletzt für die Lokführer vereinbart, gehen ins Geld. Schon 2013 hatten steigende Personalkosten das Ergebnis geschmälert.

Immerhin zwei Erfolge kann Grube präsentieren: Nach und nach liefert Siemens die seit langem erwarteten neuen ICE-Züge. Und ein Öko-Ziel für 2020 ist schon erreicht: 35 Prozent erneuerbare Energien im Bahnstrom-Mix.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort