Gefühlt gedrückt

Früher wurden Menschen bisweilen noch umarmt. Von anderen realen Menschen! Das ist im digitalen Zeitalter natürlich nicht mehr möglich, wenn der Pflegeaufwand für die Facebook-Freunde ist zu hoch. Deshalb schreibt man sich nur noch: "Fühl dich gedrückt."

Viele wissen zwar nicht mehr genau, wie sich das anfühlt, tun aber trotzdem ihr Bestes. Obwohl bei der Aufforderung zum Fühlen die Details fehlen: An welchem Körperteil soll man sich gedrückt fühlen? Und darf man, wenn es unangenehm ist, erwidern: "Fühl dich zurückgewiesen?" Sollte der Gefühlsaustausch aber klappen, müssten weitere Floskeln folgen. Ein diktatorischer Chef zum Beispiel könnte seine Mitarbeiter mit den Worten verabschieden: "Fühl dich unterdrückt." Ein "Fühl dich geliebt" erspart dem Ehemann den Blumenkauf. Und wer seine Kollegen quälen will, braucht künftig nur zu schreiben: "Fühl dich gemobbt." Das erspart beiden Seiten so vieles.

Gut, manche werden diese Beispiele gar nicht lustig finden. Das ist verständlich, dauert aber bestimmt nicht mehr lange. Weil jetzt die ultimative Schlussformel kommt: "Fühl dich amüsiert."

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