Gebremster Gershwin

Saarbrücken. "I have a dream" - die legendäre 1963er Rede schallt durch den Festsaal des Saarbrücker Schlosses, bevor das Adagio aus "Rhapsody in Blue" erklingt

Saarbrücken. "I have a dream" - die legendäre 1963er Rede schallt durch den Festsaal des Saarbrücker Schlosses, bevor das Adagio aus "Rhapsody in Blue" erklingt. Bürgerrechtler Martin Luther King (1929-1968) und Komponist George Gershwin (1898-1937) - passen die zusammen? Im Programm "American Dream" durchaus: Gudrun Landgrebe (Rezitation) und Pianist Sebastian Knauer haben am Dienstagabend im Festsaal des Saarbrücker Schlosses gastiert. Landgrebe, die "flambierte Frau" von einst, liest aus Briefen der Gershwin-Schwester Frances (1906-1999); der Grammy-nominierte Knauer spielt dazu Musik Gershwins, der wie King den amerikanischen Traum träumte und sogar erlebte, wie die Texte belegen: Die Briefe, die Landgrebe mit warmer Stimme und zurückhaltender Körpersprache liest, rekapitulieren ein kurzes, glanzvolles Leben, den Aufstieg eines Immigrantensohnes zum gefeierten Musikgenie. Knauer spielt dazu Stücke wie "Who cares", "Somebody loves me", ein besonders melancholisches "Summertime" und zum Abschluss die Klavierfassung von "Rhapsody in Blue" - furios und expressiv, als habe ihn gerade von der Leine gelassen.

Gebremst wird dieser Gershwin-Abend aber ausgerechnet von den Texten - es sind die einer liebenden Schwester, voller Wärme und Bewunderung. Das rührt, wiederholt sich aber allzu sehr im Rühmen des Bruders und seines Talents; zumal das Schwärmen manche Plattitüden mit sich bringt, die Gershwins frischer, klischeefreier Musik nicht angemessen sind: etwa "Er ist tot - aber seine Musik lebt." Das macht den Abend weniger beeindruckend als man hätte erwarten können. Dennoch langer und kräftiger Applaus - wohl mehr für die Interpreten als das eigentliche Programm.

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