Gags als Waffe, die das Leben kosten kann

Herr Herbig, um ein Zitat aus dem Film aufzugreifen: Ist "Hotel Lux" für Sie der erste Schritt weg vom "harmlosen Clown"?Herbig: Ich habe nicht nach diesem Film geschrien. Ich habe sogar den Versuch unternommen, abzusagen, aber das hat Produzent Günter Rohrbach nicht akzeptiert. Insofern sind keine Ambitionen zu befürchten

 Komiker Zeisig (Michael Herbig, l.) und sein Kollege Meyer (Jürgen Vogel). Foto: Constantin

Komiker Zeisig (Michael Herbig, l.) und sein Kollege Meyer (Jürgen Vogel). Foto: Constantin

Herr Herbig, um ein Zitat aus dem Film aufzugreifen: Ist "Hotel Lux" für Sie der erste Schritt weg vom "harmlosen Clown"?Herbig: Ich habe nicht nach diesem Film geschrien. Ich habe sogar den Versuch unternommen, abzusagen, aber das hat Produzent Günter Rohrbach nicht akzeptiert. Insofern sind keine Ambitionen zu befürchten. "Hotel Lux" ist, wenn man so möchte, eine Verwechslungsgeschichte mit einem Hauch von Abenteuer - wenn man so will, eine ernste Komödie.

Wie haben Sie sich vorbereitet?

Herbig: Man hat mich ordentlich mit Informationsmaterial versorgt, aber eigentlich wollte ich gar nicht so viel wissen. Meine Figur Hans Zeisig weiß es ja auch nicht. Ich habe mich lieber auf die Humoristen dieser Zeit konzentriert. Ich habe mir Tondokumente, etwa von Werner Finck, besorgt und alte Filme angeschaut. Dabei ist mir immer wieder aufgefallen, wie die Schauspieler jener Zeit gesprochen haben. Das rollende "R" war damals stark vertreten. Eigentlich hätte der Zeisig auch so sprechen müssen. Aber das hätte dann wieder zu sehr nach Parodie geklungen.

Haben Sie sich gefragt, ob Sie in der Diktatur den Mund aufgemacht hätten?

Herbig: Wenn man hier so gemütlich sitzt, sagen sich solche Dinge immer ganz leicht dahin. Ich traue mich nicht, das zu beantworten. Ich befürchte aber, dass mir zwischendurch schon etwas rausgerutscht wäre. Wenn man Unterhalter ist, kann man einen guten Gag schlecht für sich behalten. Heute ist es völlig selbstverständlich, dass du als Komiker auf die Bühne gehen und Witze über die Bundeskanzlerin und den Bundespräsidenten machen kannst, ohne abgeholt und umgebracht zu werden. Das war damals ganz anders, es war lebensgefährlich. Und anderswo ist es heute noch so.

Sind Sie selbst politisch?

Herbig: Ich glaube, dass jeder, der eine Meinung oder Haltung zu Dingen hat, irgendwie politisch ist. Die meisten wissen vermutlich gar nicht, dass sie politisch sind. Zeisig wird auch erst politisch, als er nicht mehr anders kann. Er geht auf die Bühne und weiß, dass ihn dieser Gag sein Leben kosten kann. Aber es ist seine Waffe.

Ist die Ära der Parodien für Sie nun vorüber?

Herbig: Vor einiger Zeit hatte ich ein paar sehr schöne Ideen für eine Fortsetzung von "Der Schuh des Manitu". Dann kam "Wickie", dann "Hotel Lux", dann "Zettl" von Helmut Dietl. Inzwischen habe ich gemerkt, dass für mich bei der Parodie ein wenig die Luft raus ist.

Im Film sprechen Sie respektabel Russisch.

Herbig: Ich habe alles phonetisch gelernt. Ich wurde von einer Lehrerin gecoacht, die auch am Set war. Man muss im Kopf behalten, was man eigentlich gerade sagt, man muss die Worte richtig betonen und vielleicht noch auf technische Dinge achten. Ich war schon froh, als ich mit diesen Szenen durch war.

Welche Erfahrungen haben Sie als Titelheld von Helmut Dietls "Zettl" gesammelt?

Herbig: Bei "Zettl" bin ich nicht im Ansatz so involviert wie bei "Hotel Lux". Das liegt an den beiden völlig unterschiedlichen Regisseuren. Es ist Haußmanns große Stärke, dass er dem Zufall eine ganz große Chance gibt. Dabei bekommt man möglicherweise etwas, an das man vorher gar nicht gedacht hat. Bei Dietl stehen jede Pause und jedes "Äh" im Drehbuch. Man macht alles ganz genau so, wie er es will. Und wenn er happy ist, ist man auch happy. Es gibt so viele Varianten, wie man einen Film herstellen kann.

Welcher Typ sind Sie selbst als Filmemacher?

Herbig: Ich tendiere ganz leicht zum Dietl-Stil. Ich bin auch glücklich, wenn ein Schauspieler etwas so spielt, wie man es sich vorher ausgedacht hat. Schließlich hat man ja ewig an Dialogen und Pointen getüftelt. Aber wenn beim Dreh etwas entsteht, was noch komischer ist, nehme ich es gern mit.

"Hotel Lux" startet morgen im Cinestar (Sb), UT (Sb) und Movieworld (Sls). Kritik morgen im treff.region.

Auf einen Blick

Die anderen neuen Filme: In den meisten Kinos startet "Die Abenteuer von Tim und Struppi" - siehe dazu unsere Sonderseite am vergangenen Samstag. Das Filmhaus (Sb) zeigt den herausragenden Film "Poliezei" über den Alltag Pariser Polizisten, die für den Jugendschutz zuständig sind. Ebenfalls im Filmhaus laufen "Stadt Land Fluss", eine Liebesgeschichte zweier Männer, und "Over your cities grass will grow", eine Doku über den Künstler Anselm Kiefer. Die Saarbrücker Camera Zwo zeigt "I am not a fu**king princess" über eine dominante Mutter (Isabelle Huppert) und "Der letzte Angestellte": Christian Berkel spielt einen Juristen, der eine Firma abwickelt und von seinem Gewissen geplagt wird. red

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