Gabriel präsentiert „Energiewende 2.0“

Berlin · Sigmar Gabriel drückt aufs Tempo: Nach vier Wochen im Amt legt der Energieminister und Vizekanzler bereits Eckpunkte für eine umfassende Energiewende-Reform vor. Die Kritik der Grünen kommt postwendend.

 Starke Einschnitte soll es im EEG bei der Förderung von Windkraft geben. Foto: Jenal

Starke Einschnitte soll es im EEG bei der Förderung von Windkraft geben. Foto: Jenal

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Zwölf Seiten sind es nur. Doch die haben es in sich. Sie verlangen von Windparkbetreibern bis Industrie vielen vieles ab. Bei den Eckpunkten der Reform, die Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) vorgelegt hat, ist bereits von einem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) "2.0" die Rede.

Kernpunkt des Konzepts sind deutliche Einschnitte bei der Ökoenergie-Förderung. Die Vergütung für Windräder, Solar- und Biogasanlagen soll von durchschnittlich 17 Cent je Kilowattstunde bis 2015 für neue Anlagen auf im Schnitt zwölf Cent sinken. Ziel des Konzepts, das am Mittwoch auf den Weg gebracht werden soll, ist es, bei deutlich niedrigeren Kosten den Ökostrom-Anteil von derzeit knapp 25 auf bis zu 45 Prozent bis 2025 und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent zu heben. Grüne und Linke warfen Gabriel allerdings vor, mit seinen Plänen die Energiewende zu bremsen.

Viele Punkte sind noch offen, etwa das Ausmaß der Kürzungen bei Windrädern an Land. Klar ist nur, dass es weniger Förderung nach dem Gießkannenprinzip geben soll, sondern mehr Mengensteuerung. Statt der auf 20 Jahre garantierte Festvergütung soll es mehr Wettbewerb geben. Und der Ausbau soll an das Tempo beim Stromnetzausbau angepasst werden.

Die Grünen-Parteivorsitzende Simone Peter kritisiert, mit dem Konzept werde der Kohlestromanteil nicht gesenkt. "Die erneuerbaren Energien sollen mit scharfer Klinge rasiert werden, die Kohle kommt ungeschoren davon", sagte sie "Spiegel Online". Der Klimaschutz bleibe auf der Strecke. Eine Kostenentlastung sei nicht in Sicht, weil konkrete Ansagen zum Abbau der Industrierabatte fehlten.

Am 9. April soll das EEG im Kabinett beschlossen werden. Am 26. oder 27. Juni soll es der Bundestag beschließen, am 11. Juli der Bundesrat, damit die Novelle zum 1. August in Kraft treten kann.

Gabriel betonte am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt", die Herausforderungen der Energiewende ließen sich "nicht zum Nulltarif" bewältigen. "Dass es fallende Strompreise gibt - das wird es nicht geben, sondern wir werden die Dynamik des Anstiegs endlich beenden." Bisherige Förderzusagen will Gabriel strikt einhalten - das heißt, schon angeschlossene Ökoenergie-Anlagen bekommen weiter für 20 Jahre garantierte Vergütungen. Die Gesamtkosten haben sich seit 2002 auf rund 120 Milliarden Euro summiert.

Der Ausbau soll sich vor allem auf Solarenergie und Windkraft an Land konzentrieren, sie seien am günstigsten. "Bei der relativ teuren Biomasse erfolgt eine Konzentration auf Abfall- und Reststoffe und damit eine deutliche Mengenbegrenzung", heißt es in Gabriels Papier.

Am stärksten werden künftig Kosten für neue Windparks in Nord- und Ostsee zu Buche schlagen - hier gibt es bis 2019 eine hohe Anfangsvergütung von bis zu 19 Cent je Kilowattstunde. Aber das Ausbauziel wird gesenkt: Bis 2020 sollen 6500 Megawatt (MW) und bis 2030 nur noch 15 000 statt 30 000 MW installiert werden. Bei Windkraft an Land wird ein jährlicher Zubau von 2500 Megawatt angestrebt. Automatische Förderkürzungen bei einem Überschreiten dieses Werts sollen Kostenexplosionen wie bei der Solarenergie verhindern. Das Ausmaß der Kürzung umstrittener Industrie-Rabatte bei der Ökoenergie-Förderung ist noch unklar. 2014 kann das Volumen auf über fünf Milliarden Euro klettern.

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