Gabriel drängt auf Fracking-Gesetz

Berlin · Noch vor der Sommerpause will die Regierung eine Regelung für das umstrittene Gas-Fracking beschließen. Sofort entbrennt ein Streit, ob Auflagen reichen oder ein Verbot besser wäre.

Sigmar Gabriel (SPD) hat es eilig. Möglichst schnell will der Bundeswirtschaftsminister ein hochumstrittenes Thema regeln. Und an dem daher die schwarz-gelbe Vorgängerregierung gescheitert ist: klare gesetzliche Regeln, ob und wo in Deutschland Gas mittels der Fracking-Technologie aus mehreren tausend Meter tiefen Gesteinsschichten gefördert werden darf. Die Grünen wittern den Versuch eines Fracking-Ermöglichungsgesetzes. In einem Schreiben hat Vizekanzler Gabriel der Vorsitzenden des Bundestags-Haushaltsausschusses, Gesine Lötzsch (Linke), übermittelt, dass - wenn möglich - das Kabinett noch vor der Sommerpause ein Gesetz auf den Weg bringen will. 2015 soll eine Regelung in Kraft treten.

Die Eskalation mit Russland hat zu einer hektischen Debatte in der EU geführt, ob nicht Fracking wie in den USA eine Trumpfkarte sein könnte, um unabhängiger vom russischen Gas zu werden. EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) warnte, die Tür für Fracking-Verfahren zuzuschlagen.

Beim Fracking wird Gestein unter Einsatz eines flüssigen Gemisches aus Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem Druck aufgebrochen, damit das Gas entweichen kann. In Deutschland gibt es Vorkommen unter anderem in Schieferformationen und Kohleflözen. Eine Studie des Umweltbundesamtes geht davon aus, dass der Gasbedarf über 13 Jahre gedeckt werden könnte. Aber nur theoretisch, denn 14 Prozent der Fläche gelten als Wasserschutzgebiete, und die will Gabriel ausschließen.

Das hatten auch schon Union und FDP geplant, doch eine CDU-interne Rebellion stoppte 2013 den Entwurf. So sei um den Bodensee nur die Hälfte der Gebiete als Wasserschutzzonen ausgewiesen. Der Bodensee versorge fünf Millionen Menschen mit Wasser. Daher müssten Bohrungen auch in Einzugsgebieten von Seen und Talsperren verboten sein.

Die Protestfront in Deutschland ist breit. Claus-Harald Güster, Vizechef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), fürchtet durch den Einsatz giftiger Chemikalien unkalkulierbare Risiken. "Ohne sauberes und qualitativ hochwertiges Wasser können in der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie keine Lebensmittel und Getränke hergestellt werden."

Gabriel und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) wollen mit zwei Änderungen den weitgehenden ungeregelten Zustand beenden. Bisher gilt eine Art Stillhalteregelung für Bohr- und Fördergenehmigungen. Geplant sind vom Wirtschaftsressort Umweltverträglichkeitsprüfungen sowie die Einbindung von Bürgern und Wasserversorgern.

Gabriels Haus betont, ein Fracking-Verbot gelte wie geplant so lange, bis ein Einsatz ohne giftige und umweltgefährdende Stoffe machbar ist. Der SPD-Umweltpolitiker Frank Schwabe mahnt Gabriel, hier nicht zu wackeln. Die Grünen ziehen das in Zweifel. "Laut Gabriels Schreiben soll Fracking in Zukunft auf 86 Prozent der Landesfläche erlaubt werden", sagt Fraktionsvize Oliver Krischer. "Wir brauchen eine Regelung, die Fracking nicht zulässt."

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