Funkensprüher

Saarbrücken. Die Venedig-Episode im Leben Schopenhauers, als Roman erzählt, der Schwere des Gedankens enthoben, angereichert um die nicht im Einzelnen überlieferte, aber hinreißend gestaltete Liebesgeschichte mit der Venezianerin Teresa - das ist Gegenstand des ersten Romans von Christoph Poschenrieder

Saarbrücken. Die Venedig-Episode im Leben Schopenhauers, als Roman erzählt, der Schwere des Gedankens enthoben, angereichert um die nicht im Einzelnen überlieferte, aber hinreißend gestaltete Liebesgeschichte mit der Venezianerin Teresa - das ist Gegenstand des ersten Romans von Christoph Poschenrieder.

Der Münchner ist sonst als Journalist und Dokumentarfilmautor tätig und schreibt seit 2001 Gebrauchsanweisungen für Computersoftware. Mit Schopenhauer hat er sich intensiv beschäftigt. Von dessen Hauptwerk "Die Welt als Wille und Vorstellung" nimmt die Italienreise ihren Ausgang, aus ihm wird knapp - meist ironisch - zitiert. Die Wirklichkeit wird an der Vorstellung von ihr gespiegelt. Der Wille, sich der Welt auf dem Weg der Wahrnehmung anzunähern, beherrscht seine Erlebnisse. Nach Italien bricht Schopenhauer auf, weil sich das Erscheinen seines Buches bei Brockhaus verzögert. Mit einem Empfehlungsschreiben Goethes an Lord Byron, das englische Enfant terrible in Venedig, begibt er sich per Pferdekutsche auf die lange Reise in das damals noch österreichische Norditalien. Der englische Lord wird zu einem zweiten Epizentrum des Romans, in dessen Hintergrund immer wieder die österreichische Geheimpolizei und Zensur für Unruhe sorgt. Es kommt zu umwerfend komischen Szenen - vor allem während des Karnevals. Wir schreiben 1819. Die lebenskluge, autonome Teresa, aus einfachen Verhältnissen stammend, ganz die selbstbewusste Venezianerin, verlängert durch ihr selbstverständliches Liebesverhalten Schopenhauers Aufenthalt in Venedig. Für die Überzeugungskraft des im Galopp vorbeireitenden Lord Byron ist sie spontan empfänglich.

Poschenrieder schreibt voller Empathie zu Schopenhauer - weniger zu seiner doch komplizierteren Persönlichkeit als in Annäherung an seine Sprache. Dabei erzählt er im Stile des Meisters selbst. Ihm gelingt manch hübscher Zwischenschnitt in Dialoge, in die wiederum sich Fetzen innerer Monologe drängen. Nicht immer geht der Bezug auf die Philosophie auf. Das Unterhaltsame des Romans steht im Vordergrund. Wer an die Wurzel, ans Original vordringen will, dem steht - zum gleichen Preis wie der Roman - die zweibändige Ausgabe von Schopenhauers wirkungsmächtigstem Werk zu Gebote. Und wer sich von Poschenrieder weiter anregen lassen will, wird zu Lord Byron greifen, vielleicht auch zu Faust II oder zu anderer Venedig-Literatur bis zu Donna Leon. So weit sprühen die Funken aus dem Roman "Die Welt ist im Kopf", dem man allein wegen der hinreißenden Figur der Teresa eine erfolgreiche Verfilmung voraussagen darf.

Christoph Poschenrieder: Die Welt ist im Kopf. Diogenes, 342 Seiten, 21,90 €

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Günter Vogel hat nicht wie im gestrigen Bericht erwähnt, in der Firma Olsch das Maurerhandwerk gelernt, sondern im elterlichen Betrieb. Er ist Gründungsmitglied und war langjähriger Vorsitzender des Kirchenchores. Außerdem engagierte er sich im Verwaltung
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