Für Spiele mit Herz

Meinung · Wenn die Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) heute ihre Stimmen abgeben, dann ist es eine Entscheidung zwischen Wintersport-Tradition und Wintersport-Neuland. Zwischen einer Stadt, die für Sport steht und einer, die unbedingt für Sport stehen möchte

Wenn die Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) heute ihre Stimmen abgeben, dann ist es eine Entscheidung zwischen Wintersport-Tradition und Wintersport-Neuland. Zwischen einer Stadt, die für Sport steht und einer, die unbedingt für Sport stehen möchte. Und dennoch ist nicht München, sondern das südkoreanische Pyeongchang Favorit für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2018. Nicht zuletzt, weil es bereits zweimal in Folge mit seiner Bewerbung knapp gescheitert ist. Doch das sollte letztlich bei der Entscheidung keine Rolle spielen, sondern das, was bei Olympia den Unterschied macht zwischen großen und unvergesslichen Spielen: die Stimmung.Auf den ersten Blick könnte man gerade dieses Argument gegen München auslegen: Schließlich gibt es zahlreiche Kritiker der Olympia-Bewerbung. Die nationale Zustimmung liegt nur bei 56 Prozent - während in Südkorea fast 90 Prozent eine Ausrichtung befürworten. Doch das bedeutet noch nicht, dass die Menschen auch in Scharen auf die Tribünen strömen und unvergessliche Gänsehaut-Stimmung verbreiten würden. Vor zwei Jahren richtete Pyeongchang die Biathlon-Weltmeisterschaften aus. Unabhängig von der dürftigen Organisation kämpften die Ski-Jäger vor fast leeren Rängen um Medaillen, während ihnen in Europa schon bei Weltcup-Rennen zehntausende Fans zujubeln. Südkorea ist keine Wintersport-Nation - und Begeisterung lässt sich nun mal nicht genauso aus dem Boden stampfen wie hochmoderne Wettkampfstätten.

Deutschland hingegen hat eine lange Tradition in Sportarten auf Schnee und Eis. Es hat Legenden wie Markus Wasmeier, Rosi Mittermaier oder Olympia-Botschafterin Katarina Witt - und aktuelle Stars wie Magdalena Neuner und Maria Riesch. Eine breite Fan-Basis, die die Begeisterung entzünden kann, wäre den Spielen in München sicher. Deutschland hat in den vergangenen Jahren oft genug bewiesen, dass es große Sport-Ereignisse nicht nur reibungslos organisieren, sondern in riesige Partys verwandeln kann, bei denen nicht nur die Kenner mitfeiern: Die Fußball-WM 2006 und die Handball-WM 2007 stehen für Sportfreude pur. Und derzeit geben die Deutschen auch dem lange unterschätzten Frauenfußball die Bühne, die er verdient. Gerade diese Beispiele zeigen, dass - unabhängig vom finanziellen Aspekt - ein Gastgeberland von einem Sport-Event profitieren und positive Impulse mitnehmen kann.

München steht für Olympische Winterspiele mit Herz. Deshalb wäre zu wünschen, dass IOC-Mitglied Gerhard Heiberg Recht hat. Der Norweger sagte kürzlich: "Am Ende entscheiden IOC-Mitglieder nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen."

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