Führung durch die Werkstatt von Rimini Protokoll

Saarbrücken. Alles, nur langweilig darf es nicht sein, wenn Theater-Erneuerer wie Rimini Protokoll über ihre Arbeit berichten. War's auch nicht am Montag in der Alten Feuerwache. Das Berliner Trio, als Pionier des postdramatischen Theaters bekannt, ist, wie mehrfach berichtet, der erste Preisträger der neuen Saarbrücker Poetik-Dozentur

Saarbrücken. Alles, nur langweilig darf es nicht sein, wenn Theater-Erneuerer wie Rimini Protokoll über ihre Arbeit berichten. War's auch nicht am Montag in der Alten Feuerwache. Das Berliner Trio, als Pionier des postdramatischen Theaters bekannt, ist, wie mehrfach berichtet, der erste Preisträger der neuen Saarbrücker Poetik-Dozentur. Die will zum öffentlichen "reflektierenden Gespräch über das zeitgenössische Theater" anregen, wie der Ideengeber, der Saarbrücker Germanist Johannes Birgfeld, noch einmal darlegte.Bei der ersten ihrer vier Vorlesungen erwarteten Stefan Kaegi, Daniel Wetzel und Helgard Haug volle Ränge. Und sie spielten ein wenig Entertainer. Im munteren Stimmen-Wechsel zappten sie sich von A bis Z durch Schlüsselbegriffe ihrer Arbeit wie Authentizität, Casting, Zweifel. Erläuterten, wie sich Fiktion und Alltag durchdringen, und dass ihre "Experten des Alltags" keine Amateur-Darsteller, sondern Performer sind: Mitgestalter der Stücke. Die Drei improvisierten ein wenig, mischten tiefgründig anmutende Sequenzen mit Banalitäten, ließen überraschend Leerstellen: "Havarie? - Dazu haben wir noch nichts." Anregende Fragen tauchten auf, etwa zum berühmten "leeren Theater" eines Peter Brook: Muss das Theater wirklich getrennt sein von der Fülle der Welt?

Peymanns Konzept

Dass Rimini Protokoll bei ihrem Vortrag das Memoiren-Konzept von Theater-Alt-Guru Claus Peymann benutzte - "Peymann von A-Z" - darf unter (Selbst-)Ironie verbucht werden. Jedenfalls war dadurch ein buntes Kaleidoskop garantiert. Filmausschnitte aus drei Projekten traten hinzu, die sich unter das Motto des Abends, "Partizipation und Macht", fassen ließen: "100 Prozent Karlsruhe", "Deutschland zwei" und "Hauptversammlung". Mit ihnen erforschte Rimini Protokoll das Thema Repräsentation. Rollentausch-Situationen zwischen Parlamentariern und Normalbürgern werden durchexerziert und pseudodemokratische Inszenierungen wie die Daimler-Aktionärsversammlung entlarvt. Komplizierte Spielanordnungen sind das, anstrengend gerät mitunter das Zuschauen, das enthüllen diese Einspielungen. Doch klar wird auch, wie viel subversive Fantasie, Risikobereitschaft und Cleverness in den Projekt-Ideen steckt.

Weil das Trio am Ende den "Mut zum Getränk" ausrief, entfiel eine längere Zuschauer-Debatte. Deshalb blieb Rimini Protokoll den Saarbrückern etwas schuldig: Aufklärung darüber, welche Anfangs-Impulse sie dazu brachten, überhaupt zu neuen Formaten vorzustoßen.

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