Früher war ja alles besser - auch im Kino

St. Ingbert. Früher war ja alles besser - auch im Kino. Das musste man als kulturpessimistisches Fazit des sonntäglichen Vortragsabends in der Kinowerkstatt St.Ingbert empfinden, dem Abschluss eines filmischen Wochenend-Programms über die Lage des Mediums

St. Ingbert. Früher war ja alles besser - auch im Kino. Das musste man als kulturpessimistisches Fazit des sonntäglichen Vortragsabends in der Kinowerkstatt St.Ingbert empfinden, dem Abschluss eines filmischen Wochenend-Programms über die Lage des Mediums. Georg Seeßlen, einer der produktivsten und renommiertesten Filmjournalisten, blickte mit Partner Markus Metz anderthalb Stunden auf die Lage des Kinos. Und rosig schaut dessen Zukunft für die beiden nicht aus, angesichts von Digitalisierung (in der Herstellung wie in der Abspielmöglichkeit), der Globalisierung und der Monopolisierung durch Hollywood: für beide Autoren eine Maschinerie, die im Rest der Welt Stoffe und Künstler einkauft, um sie bei sich am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen - Hauptsache, keinem anderen gelingt etwas. Dass sich die meisten Filme nicht mehr durch die Kino-Auswertung allein rechnen, sondern nur durch zusätzliche DVD-Einnahmen und TV-Rechte, ist eine Tatsache. Nur muss man, wie die beiden Autoren, daraus ableiten, das Kino sei "auf der Flucht", wodurch sich ein "permanentes Gefühl des Verlustes" einstelle? Da mochte nicht jeder folgen, zumal der durchaus pointierte Vortrag, angereichert mit Filmausschnitten, zuhörerfreundlicher hätte formuliert sein können. "Diskurs", "verbürgerlicht", "bürgerlich", "kleinbürgerlich" waren die meistgehörten Worte, Soziologie-Hauptseminar-Aroma breitete sich aus; bei "syntagmatisch" wünschte man sich ein Lexikon.Zu Klischees griff Markus Metz: Von Computerbildschirmen sprach er, die die Menschen "aufsaugten" - sein Glück, dass ihn sein Laptop beim Vortrag in Frieden ließ. Digitalkameras produzierten nur geschönte "Bildlügen", anders als die guten alten Analog-Kameras mit Filmspulen. Und dann die Multiplex-Kinos - wie "Trutzburgen" (Seeßlen) ragten sie in den Himmel, wie Bunker und Bollwerke seien sie, die sich gegen die Stadt richteten, als "anti-urbanes Konzept".Nach dem Vortrag kam Metz in leichte Erklärungsnot angesichts eines berechtigten Einwandes aus dem Publikum: Gerade der Boom des Digitalen habe zur Demokratisierung des Mediums geführt - dank billiger Kameras und billigen Aufnahmematerials. Das stimme schon, sagte Metz, die bösen Folgen der Digitalisierung an allen anderen Fronten seien aber schwerwiegender, so sei das halt. Seeßlen fasste zusammen: "Vorhang zu, alle Fragen offen". tok

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