Frankreich verliert Top-BonitätEuropäische Zentralbank fürchtet Aufweichung des "Fiskalpakts"

Frankfurt/New York/Paris. Europa muss den nächsten Tiefschlag verdauen: Deutschland wird wohl als einziges großes Euro-Land seine Top-Bonität behalten. Dagegen verlieren Frankreich und auch Österreich ihre Bestnote "AAA". Gestern abend hat die US-Rating-Agentur gleich mehreren Ländern schlechtere Noten erteilt

Frankfurt/New York/Paris. Europa muss den nächsten Tiefschlag verdauen: Deutschland wird wohl als einziges großes Euro-Land seine Top-Bonität behalten. Dagegen verlieren Frankreich und auch Österreich ihre Bestnote "AAA". Gestern abend hat die US-Rating-Agentur gleich mehreren Ländern schlechtere Noten erteilt.Italien, Spanien, Portugal und Zypern sind bei der Bewertung gleich zwei Stufen heruntergerutscht, Malta, die Slowakei und Slowenien büßten eine Stufe ein. Deutschland dagegen behielt sein Spitzenrating - und das sogar mit stabilem Ausblick. Ein "AAA" bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit eines Staatsbankrotts faktisch ausgeschlossen wird. Investoren leihen den Ländern ihr Geld deshalb zu besonders günstigen Konditionen. S&P hatte im Dezember insgesamt 15 Eurostaaten unter verschärfte Beobachtung gestellt.

Das Hauptproblem bei Frankreichs Abstufung: Das Land ist eine zentrale Figur in den Rettungsbemühungen für die gesamte Euro-Zone. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) reagierte gelassen auf die Herabstufung: "Wir haben uns ja in den letzten Monaten zunehmend weltweit darauf verständigt, wir sollten die Rating-Agenturen auch nicht überschätzen in ihren Beurteilungen", sagte er dem Fernsehsender RTL.

Auch die französische Budgetministerin Valérie Pécresse bemühte sich um Beruhigung. "Frankreich ist ein sicherer Wert, es kann seine Schulden zurückzahlen und das Defizit hat sich zuletzt besser entwickelt als erwartet", sagte sie dem Fernsehsender BFMTV.

Erste Gerüchte über eine bevorstehende Abstufung lösten gestern Nachmittag an den europäischen Börsen einen Kursrutsch aus. Bis zum Börsenschluss beruhigte sich die Lage aber wieder etwas. Der deutsche Leitindex Dax schloss 0,58 Prozent tiefer bei 6143,08 Punkten. Der französische Aktienindex CAC 40 verlor am Ende 0,1 Prozent. Auch der Euro gab deutlich nach und fiel zwischenzeitlich um zwei Cent auf bis zu 1,2624 Dollar.

Die Konsequenzen aus einer Herabstufung Frankreichs könnten fatal sein. Die "Financial Times" zitierte einen namentlich nicht genannten Amtsträger, dass dies die gesamte Konstruktion des Euro-Rettungsfonds EFSF in Frage stellen könnte.

Marktanalyst Robert Halver von der Baader Bank riet allerdings, die Euro-Zone solle sich "nicht kirre machen lassen". Eine Bonitätsabstufung von Ländern der Euro-Zone hält er für "absolut ungerechtfertigt". Die Kritik der Ratingagenturen an der Europäischen Zentralbank greife nicht, da diese zuletzt für eine Entspannung an den Märkten gesorgt habe. dpa

Berlin. Die Europäische Zentralbank warnt (EZB) vor einer Aufweichung des von Deutschland angestoßenen "Fiskalpakts" für mehr Haushaltsdisziplin in der Euro-Zone und der EU. Die jüngste Vertragsversion sei eine "substanzielle Verwässerung gegenüber früheren Entwürfen", schreibt EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen an die Unterhändler. "Diese Änderungen laufen aus meiner Sicht klar dem Geist der ursprünglichen Vereinbarung für einen ambitionierten Fiskalpakt zuwider", heißt es in dem Schreiben Asmussens.

Er wandte sich unter anderem gegen eine erweiterte Ausnahmeregelung, wonach Pakt-Länder ihre Defizite bei außergewöhnlichen Umständen doch über 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigern dürften. Ausnahmen sollten begrenzt werden auf "Naturkatastrophen oder schwere Notsituationen, die außerhalb der Kontrolle" einer Regierung liegen. Unterdessen sind die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt Griechenlands mit dem internationalen Bankenverband IIF gestern ohne konkretes Ergebnis geblieben. Wie der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos dem staatlichen Fernsehen zufolge sagte, sollen sie am kommenden Mittwoch fortgesetzt werden. dpa

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