Frankreich stärkt Einfluss bei Renault

Paris. Nach Protesten der französischen Regierung und einer Vorladung bei Staatspräsident Nicolas Sarkozy (Foto: dpa) verzichtet Renault-Chef Carlos Ghosn (Foto: SZ) darauf, den neuen Clio künftig wie zunächst geplant nur noch im türkischen Bursa fertigen zu lassen

Paris. Nach Protesten der französischen Regierung und einer Vorladung bei Staatspräsident Nicolas Sarkozy (Foto: dpa) verzichtet Renault-Chef Carlos Ghosn (Foto: SZ) darauf, den neuen Clio künftig wie zunächst geplant nur noch im türkischen Bursa fertigen zu lassen. Zudem gesteht er dem französischen Staat, der mit 15 Prozent des Kapitals der größte Aktionär des Autobauers ist, mehr Mitspracherecht zu. So will Renault jetzt nach Angaben aus Unternehmenskreisen innerhalb seines Verwaltungsrates einen neuen Ausschuss für die industrielle Strategie einrichten, in dem auch ein Vertreter des Staates sitzen soll. Es gibt innerhalb des Verwaltungsrates bereits ein Komitee für die internationale Strategie, dem der neue Ausschuss nun angegliedert werden könnte. Wie aus Pariser Politikkreisen verlautete, will Sarkozy zudem demnächst die Staatsvertreter bei Renault auswechseln, da die bisherigen keinen Einspruch gegen die Pläne Ghosn erhoben hatten, den Clio 4 ab 2013 nur noch in der Türkei bauen zu lassen. Das Staatsoberhaupt hatte deshalb den Renault-Chef am Samstag zu sich in den Elysée-Palast vorgeladen. Zuvor hatte bereits Industrieminister Christian Estrosi den Konzern-Vize Patrick Pelata einbestellt. Immerhin stehen im März Regionalwahlen an und so möchte sich die konservative Regierung gerne als Retter der heimischen Industrie präsentieren.Der Druck scheint Wirkung gezeigt zu haben, denn Ghosn sagte zu, in Flins bei Paris auch in Zukunft den Clio bauen zu lassen. Das Produktionsvolumen werde "nicht sehr weit von dem Volumen der Clio-Verkäufe in Frankreich" entfernt sein, erklärte er in einem Interview. Allerdings sei noch keine Entscheidung gefallen und Sarkozy habe auch nichts Bestimmtes von ihm verlangt. Die EU-Kommission warnte Frankreich gestern dennoch erneut, sich an die Wettbewerbsregeln zu halten. Sie hatte die französische Regierung zu einer Erklärung aufgefordert, nachdem Industrieminister Estrosi erklärt hatte, Frankreich habe "das Recht zu fordern, dass man einen Renault, den man in Frankreich verkauft, auch in Frankreich baut". Die französische Regierung hatte Renault im letzten Jahr während der Krise mit drei Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. Sarkozy hatte im Gegenzug für das staatliche Hilfspaket von der Automobilindustrie gefordert, auf Werksschließungen in Frankreich und Produktionsverlagerungen ins Ausland zu verzichten. Der Staat, der Renault erst 1994 privatisierte, hat bereits in der Vergangenheit Druck auf den Autobauer ausgeübt. So musste der Konzern 1987 auf die Schließung eines Werks verzichten, da Präsidentschaftswahlen anstanden. wü

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