Bildergalerie Saar-Gastwirte sehnen sich nach ihren Gästen
Giuseppe Cammaroto (67) bewirtschaftet als Inhaber das Restaurant La Trattoria del Postillione in St. Ingbert. Der Turiner arbeitet dort schon, seit er mit 19 nach St. Ingbert in das damalige Restaurant seines Bruders kam. Seitdem sein Restaurant geschlossen ist, stehe er erst gegen zehn Uhr statt um acht Uhr auf. Es fehlten die Emotionen, die Gäste. Zehn würden reichen, damit er beschäftigt ist. Was nütze ihm das Geld, wenn er nicht glücklich ist, meint der Wirt. Er legt Oliven, Peperoni, Paprika und Pilze selbst ein. Viele Waren produziert er selbst. Dabei höre er in der Küche laut klassische Musik. Bei einer kleinen Weihnachtsfeier mit fünf Mitarbeitern habe er Nahrungsmittel aus den vollen Kühlschänken verschenkt. Nun gehe das Gesparte langsam zu Ende. 5000 Euro monatliche Festkosten wollen beglichen sein. Von der beantragten Novemberhilfe habe er ein Viertel, also einen Abschlag, bekommen. Aber er bleibe von Natur aus optimistisch. Er komme schließlich aus einem fröhlichen Land.
Volker und Gudrun Merker (beide 67) sitzen im Restaurant Ihres Hotels Merker‘s Bostal-Hotel in Bosen. Die Wirtsleute sagen, es sei noch nie so viel getestet worden – und deshalb gebe es mehr Corona-Fälle. Sie seien aber keine Coronaleugner und finden den Lockdown in Ordnung. Die Weihnachtszeit ist aus ihrer Sicht die schönste im ganzen Jahr; deshalb sei es für sie sehr frustrierend, keine Gäste zu haben. Vorhergehende Generationen hätten viel mehr erleiden müssen als sie. Das sei jetzt gerade mal ein Rückschlag in 60, 70 Jahren. Das mache ja nicht alles kaputt, was vorher war. Beide hätten nun auch Zeit, mal die Tochter zu besuchen.
Frederik Theis (42) bewirtschaftet in Perl das Hotel Maimühle mit dem Restaurant gleichen Namens und dem bodenständigeren Kelterhaus (Foto links). Es sei möglich, die Pandemie zu überleben, sagt er. Das kommt ihm nicht leicht über die Lippen, weil es vor allem den Mitarbeitern schlecht gehe. Die müssten von Kurzarbeitergeld leben. Theis meint, dass sich bis März nicht viel ändere. Er hofft auf das Verständnis der Politik, dass Gastronomen mehr Hilfe bräuchten, die nicht zurückgezahlt werden müsse. Er wünscht sich den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auch auf Getränke. So könne er besser Schulden abbauen und trotzdem in neue Ideen investieren.
Jan Willem Fluit (54) betreibt als Betriebsleiter das Weinbistro Hauck am Saarbrücker Landwehrplatz. In der jetzigen Situation, in der die Gastronomiebetriebe auf unbestimmte Zeit geschlossen sind, bleibe er ruhig. Das habe zwei Gründe: Erstens sei er krisenerprobt. 1993 unterschrieb er einen Gesellschaftervertrag. Seitdem arbeitet er als Selbstständiger. In dieser Zeit erlebte er immer wieder auch Katastrophen. Und überlebte. Vor allem mit Transparenz, Offenheit, klarer Kommunikation und Verlässlichkeit der Ehefrau, den Mitarbeitern und allen anderen gegenüber. Zweitens sorgen die staatlichen Hilfen und ein Kredit der Saarländische Investitionskreditbank dafür, dass er ganz ruhig sei. Fluit glaubt an das eigene Unternehmen. Das werde zwar nicht gestärkt aus der Pandemie hervorgehen, stehe aber auf einer sicheren Basis. Auch was die festangestellten Mitarbeiter angeht, habe er ein gutes Gefühl, dass sie – wenn es wieder losgeht – noch dabei sind. Dass man bei den Aushilfen die Truppe neu aufstellen müsse, liege in der Natur der Sache.
Im Wirtshaus unter der Linde am St. Arnualer Markt in Saarbrücken führt Sebastian Becker (28) die Geschäfte. Jetzt, im zweiten Lockdown, fühle er sich sehr zerrissen. Die Planungsunsicherheit zermürbe ihn. Die Verluste des ersten Lockdowns holte das Team im Sommer nicht auf. Er warte auf die Novemberhilfen und habe keine Ahnung, wann die kommen, sagt der junge Wirt. So lange stunde der Vermieter zum Glück die Miete. Ihm fehle eine Öffnungsperspektive, sagt Becker. Also eine Zahl, ein Wert, ab dem die Gastronomie wieder öffnen dürfe. Ein offizieller Stufenplan, wann was wieder öffnen kann, würde ihn motivieren. Da Becker schon früh klar gewesen sei, dass die Probleme lange dauern, habe er die Betriebskosten und seine Lebenshaltungskosten schnell stark reduziert. Er lebe vom Angesparten und auf Sparflamme. So könne er lange durchhalten. Auch mache er viel selbst. Mit wechselndem Erfolg. Die Idee, Präsentkörbe zusammenzustellen (siehe Foto) und zu verkaufen, scheiterte. Der Wirt nutzt die Zeit, um das Parkett in dem gerade leeren Raum zu schleifen.
Andreas Cordes (51) fühlt sich machtlos. Fast wäre er mit seinem Team und dem Restaurant im Bahnhof Püttlingen dort angekommen, wo er hinwollte. Jetzt der Stillstand. Bisher löste er alle Probleme mit seinem Personal oder seinem Umfeld. In der Pandemie fühlt er sich so hilflos wie noch nie, sagt Cordes. Er habe auch Angst, es nach der Krise nicht wieder so gut hinzukriegen wie es zuvor gelaufen war. Im Sommer hätten viele Gastronomen sehr engagiert und mit viel zusätzlichem Aufwand die Hygeneregeln in ihren Betrieben umgesetzt. Dann habe die Kontrolle der Lokale gefehlt. Er selbst habe von 16 Hochzeiten 13 abgesagt. Andere Gaststätten seien mit zu vielen Leuten auf zu wenig Raum weiter geöffnet gewesen. Warum könnte nicht eine Ampel an jeder Eingangstür darauf hinweisen, wo die Regeln vollständig und wo sie eher nachlässig umgesetzt werden, regt Cordes an. So wären die schwarzen Schafe in der Branche schnell aussortiert. Dafür seien vor allem kontinuierliche Kontrollen nötig. In seinem Lokal sei vor dem Lockdown keine einzige Kontrolle gewesen.